Presseberichte April 2006
19. April: Landeszeitung zur Fristverlängerung für die Stellungnahme der Stadt Lüneburg
A-39-Frist verlängert
Stadt hat Zeit bis Ende Juli
red Lüneburg.
Die Kritik war erfolgreich, die Frist wird verlängert. Bis zum 30. Juli hat die Stadt Lüneburg nun Zeit, eine Stellungnahme zur Vorzugsvariante der geplanten Autobahn 39 abzugeben. Ursprünglich sollten die Einwände und Anregungen der Stadt bereits Ende Juni bei der Regierungsvertretung Lüneburg vorliegen.
Damit entspricht die Raumordnungsbehörde einem Antrag der Stadt. Gleichzeitig schreibt der zuständige Mitarbeiter, Dr. Holger Manthey: "Im Interesse einer zügigen Durchführung des Raumordnungsverfahrens würde ich es begrüßen, wenn Sie Ihre Stellungnahme bereits eher abgeben könnten, sofern das möglich ist."
Oberbürgermeister Ulrich Mädge begrüßt die Entscheidung der Regierungsvertretung: "Unsere sachlichen Argumente haben sich durchgesetzt", sagt der Verwaltungschef. "Gleichzeitig ist für das Land zu erkennen, dass wir grundsätzlich für den Bau der Autobahn sind, nur die Vorzugsvariante in ihrer jetzigen Form ablehnen."
Den zusätzlichen Monat Zeit nennt Mädge ausreichend, ist sich zudem sicher, "dass die Verlängerung auch im Interesse der Bürger ist".
3. April: Landeszeitung zur Demonstration bei der Lüner Zehntscheune
A 39: Widerstand in Lüne
Rund 150 Anwohner protestieren gegen die geplante Trassenführung neben Kloster und Schule
ca Lüneburg.
Alt-Oberbürgermeister Alfred Trebchen ist zwar grundsätzlich für eine Autobahn, aber dass sie durch seinen Stadtteil Lüne und fast über seine Terrasse führen soll, das findet der 90-Jährige schlicht "verrückt". Die Planer sollten "mal aus ihrer Schreibstube kommen und sich hier umsehen". Trebchen zählte zu den rund 150 Demonstranten, die gestern Nachmittag neben der Lüner Zehntscheune gegen den geplanten Bau der Autobahn 39 protestierten.
Kaum einer hatte es bis vor einer Woche für möglich gehalten, dass die Trasse neben Kloster und Schule entlang laufen könnte, um so größer ist nun der Schock der Anwohner. Peter Weerda von der Initiative Lebensberg und Friedhelm Feldhaus, Sprecher des Dachverbandes der Anti-A 39-Initiativen, plädierten generell gegen den Bau der Schnellstraße. Man könne die Autobahn nicht vor der eigenen Tür ablehnen, sie aber anderen zumuten wollen, erklärte Feldhaus. Passend dazu gab es ein Transparent: "Ob im Osten oder Westen, wir lassen uns nicht verpesten." Weerda appellierte an die Politiker aller Couleur, sich von der Autobahnplanung zu verabschieden.
Eckehard Niemann, Pressesprecher der rund 30 Bürgerinitiativen entlang der diskutierten Trassen, empfahl den Bürgern, angesichts der Kommunalwahlen im September politischen Druck aufzubauen. Er bat sie zudem, dem Schutz- und Klagefonds der Gegner beizutreten, um auch juristisch gegen die A 39 vorzugehen. Lebensberg-Aktivist Weerda forderte die Bürger auf, eine weitere Bürgerinitative in ihrem Stadtteil zu gründen.
1. April
Landeszeitung zur Informationsveranstaltung der Stadt Lüneburg in der Lüner Schule
Nein zur A 39-Variante
OB und CDU stellen sich hinter Bürger in Lüne, Moorfeld und am Ebensberg
ca Lüneburg.
Oberbürgmeister Ulrich Mädge und Fachbereichsleiterin Andrea Schröder-Ehlers erklären in Lüne den Stand zur A39.
Die rote Linie auf der Karte zeigt, wie die Vorzugsvariante der A39 direkt am Kloster Lüne (kl. F. oben) und am Meisterweg (kl. Luftbild unten) verläuft.
Die rote Linie im Luftbild deutet an, wo die Vorzugsvariante zwischen Meisterweg und ehemaliger Kaserne liegt.
In einem Punkt herrschte Konsens in der proppevollen Aula der Lüner Schule: "Wir wollen die Autobahn hier nicht haben!" Weit mehr als 100 Anwohner waren gekommen, um sich bei einer Veranstaltung der Stadt von Oberbürgermeister Ulrich Mädge und Fachbereichsleiterin Andrea Schröder-Ehlers über die Planungen zur A 39 zu informieren. Die Nachbarn zwischen Lüne und Ebensberg sorgen sich um die Kinder in der Lüner Schule, das Kloster, und sie haben auch Angst vor Lärm und jahrelangen Bauarbeiten.
Mädge bekannte sich klar zur Autobahn, die Wirtschaft der Region brauche sie. Aber die Trasse dürfe nicht so über Lüneburger Gebiet führen, sinnvoll wäre eine Umfahrung im Westen. Ökologische Bedenken müssten zurückstehen: "Der Mensch hat Vorrang, nicht der Hamster und der Grashalm."
Peter Gurske aus dem Moorfeld wies den Blick in Richtung Sachsen-Anhalt, dort hätten Planer es geschafft, die Autobahn 14 in weiten Bögen um Städte und Dörfer zu legen. Hennig von Alten, Anwohner und Präsident des Verwaltungsgerichts, empfahl, die Trasse schon jetzt politisch zu verhindern. Stehe erst der Planfeststellungsbeschluss, wären Änderungen der Linienführung rechtlich nur schwer durchzusetzen. Sowohl die Vorzugsvariante als auch eine alternative Nutzung der Ostumgehung lehnte von Alten ab.
Andrea Schröder-Ehlers nannte Zahlen: Heute fahren rund 42 000 Wagen pro Tag über die Umgehung, aufgrund des zunehmenden Verkehrs kann die Zahl in den kommenden Jahren auf 60 000 Wagen steigen. Die könnten nicht über die engen Kurven der Ostumgehung rollen. Für einen Ausbau müssten nach Aussagen des Straßenbauamtes rund 30 Häuser fallen.
Die Verwaltung forderte die Anwohner auf, ihr Bedenken und Anregungen zu melden. Diese Schreiben werde man im Rathaus durchsehen und bei den städtischen Einwänden berücksichtigen. Für Ende Mai, Anfang April möchte die Stadt zu einer weiteren Bürgerversammlung mit den Straßenplanern einladen.
Landeszeitung zur Position der Grünen
Grüne: Autobahn-Pläne stoppen
red Lüneburg. „Keine A39, nicht hier – nicht anderswo !“
Diese Resolution bringt die Fraktion der Grünen zur nächsten Ratssitzung am 4. Mai ein.
Darin heißt es: „Der Rat der Stadt Lüneburg fordert die Landesregierung auf, die Planungen für die A39 im gesamten Suchraum zu stoppen.“ Zudem solle der Rat Oberbürgermeister Mädge kritisieren, der nach dem St.-Florian-Prinzip die Bürger in der Stadt schütze, aber die in Gellersen oder im Osten des Landkreises mit der Autobahn belasten wolle. Außerdem solle die Landesregierung aufgefordert werden, die Frist für Stellungnahmen von Bürgern und Kommunen zur Vorzugsvariante um mindestens drei Monate zu verlängern.
Zur Begründung schreiben die Grünen: Es habe sich bestätigt, dass es keine konfliktfreie Trasse gebe. Jede erdenkliche Trasse zerschneide gewachsene Wohngebiete, zerstöre Natur und Lebensräume und gefährde Existenzen. Dieses gelte in Lüneburg wie an jeder anderen Stelle des Suchraumes. Für Lüneburg räche sich nun die kurzsichtige politische Initiative der Ratsmehrheit aus 2003, eine stadtnahe Anbindung zur A39 zu fordern. Es sei politisch unverantwortlich, die Autobahn auf Stadtgebiet verhindern und anderswo durchsetzen zu wollen. Die Umsetzung dieses St.-Florian-Prinzips würde die gute Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden beschädigen.
Hamburger Abendblatt zur Vorzugsvariante
Entsetzen in der Idylle
Autobahn-39-Trasse in Lüneburg beeinträchtigt Häuser und Kloster.
Statt quakender Frösche bald brüllende Lkw?
Hausbauer und -besitzer fürchten die geplante neue A 39.
Von Elke Schneefuß
Lüneburg - Seit Beginn dieser Woche zeigt die Idylle tiefe Risse: "Von beschaulichem Kleinstadtleben sind wir im Moment weit entfernt", sagt Birgit Folster, Anwohnerin der Gebrüder-Loewe-Straße im Stadtteil Lüne. Am vergangenen Dienstag hatte das Niedersächsische Landesamt für Straßenbau die bevorzugte Trassenführung für die geplante Autobahn A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg vorgestellt. Danach wird Familie Folster irgendwann in Sichtweite der Autobahn Kaffee trinken. Der Blick aus dem vor zwei Jahren errichteten Privathaus der Folsters geht direkt auf die geplante Strecke. Dort, wo jetzt noch Frösche an einem Teich quaken, soll demnächst der Fernverkehr rauschen. "Unser Traumhaus ist nichts mehr wert", sagt Birgit Folster, "Dabei steckt alles, was wir erwirtschaftet haben, hier drin."
Fassungslosigkeit auch bei Daniela Mendel, deren Eigenheim nebenan gerade im Bau ist: "Wir wollen im Sommer einziehen", erklärt sie. "Um uns das leisten zu können, haben wir unsere Eigentumswohnung verkauft und Kredite aufgenommen." Kopfschüttelnd setzt sie hinzu: "Früher habe ich mich gefragt, warum Menschen neben einer Stadtautobahn leben. Jetzt weiß ich, wie so etwas passieren kann."
Befremden und Bestürzung auch ein paar Meter weiter im Westen. Seit 30 Jahren lebt Irmela Momberg auf einer grünen Insel mitten in Lüne. Ihr Haus mit Fensterläden und Sprossenfenstern steht unter jahrhundertealten Bäumen: "Wir haben hier Nachtigallen und Eichhörnchen, die auf unsere Terrasse kommen. Bei Nacht können Sie den Fledermäusen zuschauen." Die Mombergs leben in einem ehemaligen Behelfsheim für Forstarbeiter, das sie umgestaltet haben: "Da haben wir viel reingesteckt." Daß die A 39 demnächst vor ihrer Haustür zu sehen und zu hören sein wird, will sie nicht akzeptieren: "Wir werden uns wehren. Ich verstehe nicht, wie man eine Autobahn mitten durch die gewachsenen Strukturen eines Stadtteils planen kann."
Ihr Unverständnis teilen viele: "Wir sind schon genug belastet", sagt Heide Ebeling, die im Lüner Weg ein modernes Reihenhaus bewohnt: "Diese Ecke ist umzingelt von Straßen und Eisenbahnstrecken." Demnächst könnte sie auch noch vom Hinterland abgeschnitten sein: Ob die Kinder des angrenzenden Stadtteils Moorfeld den Weg zur benachbarten Grundschule und zum Kindergarten nach dem Bau der geplanten Autobahn allein bewältigen können, wird allgemein bezweifelt.
Das historische Ambiente des unter Denkmalschutz stehenden Klosters Lüne (1172 gegründet) wird in jedem Fall beschädigt. "Ich bin eigentlich keine Gegnerin der A 39. Aber gegen diese Streckenführung werden wir die Anwälte bemühen", erklärt Äbtissin Barbara Taglang. Die Kunstschätze des Klosters werden von dem Verkehr auf der nahegelegenen Bahnstrecke Hannover-Hamburg schon genug geschädigt: "Der Hochaltar in der Klosterkirche, die Exponate des Textilmuseums und die Bausubstanz der Anlage, alles leidet." Käme die A 39 dazu, würde sich die Situation insgesamt enorm verschlechtern.
Daß die jetzt vorgestellte Trassenführung das Ergebnis einer ausgewogenen Planung ist, wird von den Anwohnern deshalb massiv bezweifelt.
Genährt werden die Zweifel von der topographischen Karte, auf der die Landesbehörde für Straßenbau ihre Vorzugsvariante der Öffentlichkeit präsentiert hat. Diese Karte ist nicht aktuell, sondern stammt aus den Jahren 2001/2002. "Damals gab es unser Neubaugebiet noch gar nicht. Womöglich haben die uns bei ihrer Planung schlicht übersehen", mutmaßt Anwohnerin Birgit Folster.
Die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr wehrt sich: "Unser Kartenmaterial stammt aus dem Herbst 2005, das ist städtebaulich auf dem neuesten Stand", sagt Friedhelm Fischer, Leiter der Landesbehörde. Mindestens irritiert ist man aber bezüglich des Kartenmaterials auch bei der Stadt Lüneburg, denn auf Abruf im Internet gibt es für den Betrachter zur Zeit nur die alte Karte, wenn auch aufgefrischt durch die Vorzugsvariante vom 27. März 2006: "Ich kann mir kaum vorstellen, daß die Landesbehörde mit derart alten Unterlagen geplant hat", meint Andrea Schröder-Ehlers, zuständige Fachbereichsleiterin der Stadt. "Aber wir werden alle Zweifel an der Planung zusammentragen."
Seitens der Stadt hat man eine Arbeitsgruppe eingerichtet und ein Rechtsanwaltsbüro beauftragt, das alle Register gegen die Trasse ziehen soll. Verständlich, denn wenn die geplante Stadtautobahn kommt, würde die Erschließung des Neubaugebiets "Schlieffenpark" an der Bleckeder Landstraße nahezu unmöglich. Wohnungen und Häuser für 2000 Menschen sollten im "Schlieffenpark" entstehen, eine Einkaufsmeile und ein Gründerzentrum für Jungunternehmer waren geplant. Die in den achtziger Jahren begonnene Konversion von Militärbrachen in der Stadt wäre mit diesem Projekt abgeschlossen. Jetzt kann es passieren, daß die Brache eine Wildnis bleibt: "Wer fühlt sich schon wohl neben einer sechs Meter hohen Lärmschutzwand?" fragt Peter Weerda, Mitglied der Bürgerinitiative Lebensberg. Die Antwort darauf muß man ihm wohl schuldig bleiben.
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