Presseberichte Mai 2006
27. Mai: Landeszeitung zum Stand der Einwendungen (1.250)
Bürgerinitiative Lüne-Moorfeld kämpft weiter gegen A 39-Plan
BI: Zahl der Einwendungen in Lüneburg höher als in Uelzen
red Lüneburg.
Die Bürgerinitiative Lüne-Moorfeld kämpft gegen die geplante Autobahn A 39, vor allem gegen die Vorzugsvariante durch die Stadt. Moorfeld und Lüne mit dem historischen Kloster wären von der Stadt-Variante besonders betroffen, die Strukturen der Stadtteile, so die Sorge, würden zerschnitten.
Laut Initiative, die erst am 17. April gegründet wurde, haben sich viele Bürger entschlossen, ihre Bedenken in Eingaben bei der Stadt vorzutragen. Die Initiative sagt, rund 1250 Einwendungen seien nach Auskunft des zuständigen Fachbereichs bei der Stadt Lüneburg eingegangen. Dies sei verglichen mit den Zahlen aus dem Raum Uelzen sehr viel. Die große Zahl an Eingaben sei zu 90 Prozent auf die aktive Arbeit der Bürgerinitiative zurückführen, die die Planungsunterlagen nach Sachmängeln durchforstet habe. Die Zahl der Eingaben konnte gestern von der Stadtverwaltung auf LZ-Anfrage nicht benannt werden, dies sei erst Montag möglich.
Die BI befürchtet, dass der Charakter der Stadtteile zerstört würde, davon seien gerade viele ältere Einwohner betroffen, die sich direkt nach dem Krieg in den Quartieren eine neue Existenz aufgebaut hätten. Feinstaub, Abgase, Lärm, der Wertverlust der Immobilien sowie der Kosten-Nutzen-Faktor der A 39 werden als Argumente gegen die Autobahn genauso angeführt wie die Nähe des wertvollen Klosters Lüne. Die BI weiter: Bestürzt seien viele Bürger, weil die Planer nicht mit der gebührenden Sorgfalt vorgegangen seien und die besondere Situation der Grundschule bzw. des Kindergartens Lüne nicht gewürdigt hätten.
24. Mai: Hamburger Abendblatt zum Stand der Einwände (1.000)
A 39: 1000 Einwände
Verkehr: Frist lief jetzt ab
Lüneburg - Am Dienstag endete die Frist für Stellungnahme der geplanten Autobahn 39: Bis zum Dienstag morgen hatten nahezu 1000 Einwender ihre Bedenken wegen der geplanten Autobahntrasse durch die Stadt formuliert und im Rathaus eingereicht. "Die meisten Proteste beschäftigen sich mit den zu erwartenden Lärm- und Schadstoffbelastungen sowie den gesundheitlichen Folgen für die Anwohner", erklärt Fachbereichsleiterin Andrea Schröder-Ehlers. "Auch die Zerschneidung der Stadt durch die Trasse und die Wertminderung der Anliegergrundstücke sind häufig ein Thema", so die Fachbereichsleiterin.
Die umfangreichste Stellungnahme hat die Bürgerinitiative "Aktion Lebensberg e.V." abgegeben: Auf 40 Seiten hat die Bürgerinitiative Argumente gegen die Trasse gesammelt. Kinder haben in den letzten Wochen ihre Sorgen zu Papier gebracht: Ihre Bilder und Zeichnungen beschäftigen sich mit der Situation in den Wohngebieten Lüne und Moorfeld nach dem Bau der Autobahn.
Zuletzt hatte sich der Stadtrat gegen eine Osttrasse ausgesprochen und eine westliche Umfahrung befürwortet. Die Stadt selbst kann an ihrer Stellungnahme noch bis Ende Juli arbeiten. Danach wird die Regierungsvertretung Lüneburg sich mit den Argumenten der Stadt und der Bürger beschäftigen. Bernd Rczeppa von der Regierungsvertretung hat sorgfältige Prüfung zugesagt: "Sollten bisher im Verfahren Aspekte übersehen worden sein, so müssen die damit verbundenen Argumente ausführlich nachgearbeitet werden." Das Raumordnungsverfahren soll im Herbst 2006 enden. Dann wird im Bundesverkehrsministerium eine bindende Vorzugsvariante vorgestellt.
20. Mai: Hamburger Abendblatt zum Konflikt: Denkmalschutz oder Autobahn?
A 39 bedroht Kloster Lüne
Konflikt: Denkmalschutz oder Autobahn? Äbtissin Barbara Taglang fürchtet, daß die 600 Jahre alte Anlage dann in einer Lärminsel zwischen Bahn- und Straßentrasse untergeht.
Von Elke Schneefuß
Lüneburg - Lüneburg möchte mit den Heideklöstern Weltkulturerbe der Unesco werden. Doch die geplante Trasse der A 39 könnte diesen Traum zerstören. Wer die mittelalterliche Klosteranlage Lüne durch seine schmiedeeiserne Pforte betritt, wird sofort von der besonderen Atmosphäre hinter den Klostermauern gefangengenommen. Das Kloster Lüne, mutmaßlich um 1400 an seinem heutigen Standort errichtet, vermittelt ein anschauliches Bild davon, wie seine Bewohner durch Jahrhunderte gelebt, gebetet und gearbeitet haben. Doch jetzt ist die Idylle in Gefahr: Wenn die von den Planern vorgeschlagene Vorzugstrasse der A 39 im Osten der Stadt kommt, dürfte die Anlage leiden.
"Unsere Wasserversorgung wäre gefährdet", sagt Äbtissin Barbara Taglang. Das Kloster bezieht sein Wasser aus einem Grundwasservorkommen, das auch den jahrhundertealten Brunnen in der Eingangshalle und die prachtvollen Gärten auf dem Grundstück bewässert. "Auf Leitungswasser umzustellen, wäre möglich, käme aber teuer und wäre mit Sicherheit nicht mehr authentisch", sagt die Äbtissin.
Doch nicht nur die Wasserversorgung wäre zukünftig ein Problem. Auch der Lärm und die Erschütterungen, die eine dicht am Gelände vorbeilaufende Autobahn verursacht, würden dem wertvollen Baudenkmal schwer zu schaffen machen. Dabei hat das Kloster schon jetzt eine hohe Belastung zu tragen: Die Eisenbahntrasse Hamburg-Hannover führt in Sichtweite an den Gebäuden vorbei. "Etwa 340 Züge am Tag - darunter mit zunehmender Tendenz Schwerlasttransporte - befahren die Strecke. Nach dem beabsichtigten Bau des dritten Gleises sind an die 400 Züge zu erwarten", meint die Äbtissin. Sowohl im Westen als auch im Nordosten wäre die Anlage zukünftig von viel befahrenen Verkehrswegen umlagert - die Geräusche überlagern und summieren sich: "Kommt die Vorzugstrasse in der beabsichtigten Form, so wäre das Kloster sicher kein Ort der Stille mehr. Wir müßten in einer Lärmschneise leben." Dabei suchen immer mehr Menschen in alten Klöstern nach Rückzugsmöglichkeiten aus unserer hektischen Welt. Kurse, in denen Meditationen, Gespräche und gemeinsame Gebete angeboten werden, haben Zulauf. "Wir hatten geplant, zukünftig auch vermehrt mit Kindern in diesem Bereich zu arbeiten", erklärt die Äbtissin. Daneben würden die Erschütterungen, die ein neuer Verkehrsweg verursachen würde, Auswirkungen auf das Kloster und seine Exponate haben: "Das Textilmuseum besitzt zwei inzwischen selten gewordene Prozessionsfahnen, die erst vor kurzem aufwendig restauriert wurden. Ihr Gewebe und die aufgebrachte Farbe würde unter den Erdbewegungen erheblich leiden."
Die konkreten Folgen, die eine Autobahn in Sichtweite des mittelalterlichen Klosterensembles haben würde, sind von den Planern offenbar nicht ausreichend bedacht worden: "Das Kloster steht unter Denkmalschutz - viele Auflagen sollen gewährleisten, daß seine Substanz erhalten bleibt. Eine Autobahntrasse genau vor unserer Tür paßt nicht zu den Zielen des Denkmalschutzes", sagt Äbtissin Barbara Taglang.
16. Mai: Hamburger Abendblatt zur sog. Tunnellösung
SPD will Tunnel für A 39 unter Lüneburg
Streit: Landtag soll eingeschaltet werden
Von Elke Schneefuß
LÜNEBURG - Der Widerstand, der den Planern der neuen A 39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg entgegenschlägt, ebbt nicht ab. Seit Bekanntwerden der vom Niedersächsischen Landesstraßenbauamt bevorzugten Strecke rumort es in Lüneburg. Nach dem Willen der Behörden hätten zwei Wohngebiete zukünftig freien Blick auf die Trasse.
Die Bürgerproteste in politische Aktion ummünzen will jetzt die SPD. Der Landtagsabgeordnete Manfred Nahrstedt möchte das Parlament einschalten. Sein Vorschlag: "Die Autobahn sollte im Bereich des Lüneburger Stadtgebiets untertunnelt werden." Die Kosten dafür schrecken ihn nicht: "Eine westliche Route um die Stadt wäre teurer." Daß die Westumfahrung in den Augen der übrigen Anrainer keine Chance hat, machte Uelzens Bürgermeister Otto Lukat (SPD) am Wochenende klar: "Eine Trasse weit im Westen bringt Uelzen keine Impulse." Ob die von Nahrstedt favorisierte Tunnellösung kommt, ist fraglich. Bernd Althusmann, CDU-Landtagsabgeordneter für Lüneburg, winkt ab: "Ich halte den Landtag für den falschen Adressaten. Auftraggeber für die A 39 ist Berlin, von dort kommt das Geld." Er rechnet nicht mit einem Beschluß des Landtags im Sinne der SPD. Regierungsdirektor Holger Manthey, Leiter der Raumordnungsbehörde, sieht es ähnlich. "Ohne das Bundesverkehrsministerium kann man nicht viel bewegen." SPD-Bundestagsabgeordneter Peter Struck möchte vor allem eines: vorwärtskommen. "Eine Lösung muß her, es kann nicht sein, daß Klagen den Bau der A 39 um Jahre verzögern." Ein Hauch des Protestes scheint in Berlin schon angekommen zu sein: Angeblich läßt der Bund den zu erwartenden Wertverlust der Grundstücke, die an der Vorzugstrasse der A 39 liegen, prüfen. Die Stadt Lüneburg wollte auf bundeseigenen Grundstücken ein Baugebiet erschließen. Mit Realisierung der A 39 dürfte das hinfällig sein.
13. Mai: LZ zum Treffen von OB Mägde mit mehreren Bundestagsabgeordneten in Uelzen
SPD-Chef Struck schaltet sich in A 39-Streit ein
Lüneburg wichtiger Partner - Althusmann wiederholt Vorschlag
jj Lüneburg.
Tunnel für die geplante A 39, Trasse auf der Ostumgehung mit Tempolimit und Lärmschutz, Streit um die West-Variante. Die Debatte um die A 39 wird wieder lauter. Jetzt schaltet sich Peter Struck ein. "Wir können nicht wollen, dass ein so wichtiger Partner wie die Stadt Lüneburg gegen eine mögliche Trasse klagt und so die Planungen erheblich verzögert." Das habe der SPD-Fraktionschef im Bundestag zum A 39-Streit Freitag bei einem internen Gespräch in Uelzen Lüneburgs OB Ulrich Mädge gesagt, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Struck sprach dort im Rathaus mit Mädge, Uelzens Bürgermeister Otto Lukat, der Bundestagsabgeordneten Hedi Wegener, den Landtagsabgeordneten Manfred Nahrstedt, Uwe Harden und Jacques Voigtländer (alle SPD). Struck sei dafür, auch die Tunnellösung für Lüneburg zu prüfen. Danach soll die A 39 bei der Stadt-Trasse durch einen Tunnel geführt werden. Uelzens Bürgermeister Lukat sehe zwar die Probleme Lüneburgs, sei aber gegen eine West-Trasse.
Wie berichtet, hat sich der Lüneburger Rat gegen die favorisierte A 39-Vorzugsvariante durch die Stadt und für eine West-Trasse ausgesprochen. In Sachen Tunnel wollen nun die SPD-MdL die Landesregierung auffordern, Gutachten in Auftrag zu geben.
Unterdessen wiederholt der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Bernd Althusmann, eine Forderung, die er bereits vor zwei Jahren an Verkehrsminister Walter Hirche gestellt habe. Kurz gesagt, sollte bei allen Bedenken auch eine Trasse auf der Ostumgehung näher untersucht werden, und zwar mit Tempolimit wegen der engen Radien und Tunneln als Lärmschutz für Wohngebiete. Dies sei immer nur "nachrangig geprüft" worden.
11. Mai: Landeszeitung zum Infoabend am 9. Mai in der Sporthalle Lüne
Angst vor der Autobahn
Info-Abend: Bürger lehnen Trassenführung durch Lüne und Moorfeld ab
ca Lüneburg.
Spätestens am Eingang war den Planern vom Straßenbauamt klar, dass viele Menschen in Lüne ihre Arbeit nicht schätzen: "A 39-Horror mitten durch Lüneburg? Nein!" stand auf einem Transparent. Mehr als 300 Bürger waren zu einer Infoveranstaltung in die Lüner Schule gekommen. Anwohner fürchten zunehmenden Lärm, haben Sorge, dass ihr Viertel zerschnitten wird.
Amtsleiter Friedhelm Fischer und seine Kollegen Annette Padberg, Heiko Lange und Jörg Borkenhagen sowie Bernd Rczeppa von der Regierungsvertretung stellten das Projekt vor. Oberbürgermeister Ulrich Mädge vertrat die ablehnende Position der Stadt. Der OB verwies auf einen Ratsbeschluss, die Politiker hatten sich gerade mit Mehrheit für eine Autobahntrasse im Westen ausgesprochen. Die Grünen allerdings lehnen die A 39 grundsätzlich ab.
Kurzgefasst erklärten die Planer, die "Vorzugsvariante" belaste Menschen und Natur weniger als andere mögliche Trassenverläufe. Dafür ernteten sie lauten und spöttischen Protest. "Wenn das die günstigste Variante ist, wie schlimm müssen erst die anderen sein ?", fragte ein Mann.
Borkenhagen erklärte ausführlich, welche Faktoren für den Trassenverlauf eine Rolle spielen. Dabei sprach er technokratisch vom "Schutzgut Mensch". Viele im Publikum fühlten sich allerdings weniger geschützt als Flora und Fauna. Eine Frau fragte in Anspielung auf Wildwechsel: "Sollen wir Kindern auf dem Schulweg Geweihe aufsetzen ?"
Äbtissin Barbara Taglang will gegen die Trasse "kämpfen wie eine Löwin". Sie sorgt sich ums Kloster, fragte, ob der Denkmalschutz keine Rolle spiele. Und sie verwies auf die Bahnlinie, über die täglich rund 340 Züge rollen, weiterer Krach sei unzumutbar. Die Planer konterten, sie hätten an die Kunstschätze gedacht. Rechtlich betrachtet spielten vorhandene Bahnlinien bei der Planung in Sachen Lärm keine Rolle.
Andere Bürger beklagen den Wertverfall ihrer Grundstücke und Häuser. Fischer antwortete: "Planungen führen zu keinem Entschädigungsanspruch." Gabriele Parnow-Kloth macht sich Sorgen um das Lüner Holz und um Ausweichmöglichkeiten bei Unfällen auf der Autobahn. Diesen Einwand erhebt auch die Stadt.
Zum Lüner Holz erklärte Fischer, dass der Wald wieder zusammengeführt wird, weil die Ostumgehung zurückgebaut werde. Zudem sinke in diesem Bereich der Lärmpegel.
6. Mai: Landeszeitung zum Stand der Einwendungen (193)
193 Stellungnahmen zur A 39
Stadt Lüneburg erhält Einwendungen von ihren Bürgern und von Auswärtigen
lz Lüneburg.
Zur geplanten Autobahn A 39 kann jeder Bürger noch bis 23. Mai eine Stellungnahme im Zuge des Raumordnungsverfahrens einreichen. Bei der Stadt Lüneburg etwa sind bisher 193 Stellungnahmen eingegangen. "Die Einwendungen kommen zwar oft von Bürgern, die an einer der Trassen-Varianten leben, aber auch von Auswärtigen", sagt Fachbereichsleiterin Andrea Schröder-Ehlers.
Wie berichtet, führt die vorgestellte Vorzugsvariante für die A 39 mitten durch die Stadt, vor allem die Quartiere Moorfeld, Lüne, Schlieffen-Kaserne sind betroffen. Stellungnahmen können an die Stadt geschickt werden. Adresse: Fachbereichsleiterin Andrea Schröder-Ehlers, Rathaus, Am Ochsenmarkt, 21 335 Lüneburg. Aber auch jede andere Kommune nimmt Einwendungen entgegen. Über die Stellungnahmen entscheidet letztlich das Niedersächsische Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Grund: Minister Hans-Heinrich Ehlen ist auch für die Raumordnung im Lande zuständig.
Die Aktion Lebensberg in Lüneburg und die Bürgerinitiative "Lüne-Moorfeld" hoffen auf möglichst viele Einwendungen. "Leider wissen viele nicht, wie sie sich mit ihrer Stellungnahme in das Raumordnungsverfahren einbringen können", sagt Peter Weerda, Lebensberg-Vorstandssprecher. "Wir haben Mustereinwendungen vorbereitet, die unter der Internetadresse http://www.aktion-lebensberg.de/autobahn/rov.html heruntergeladen werden können", ergänzt Vorstandsmitglied Friedhelm Feldhaus. Er macht darauf aufmerksam: Auch wenn zum Beispiel die Ebensberger Variante nicht zu den beiden Hauptvarianten gehöre, könne sie am Ende dennoch als Vorzugsvariante aus dem Verfahren hervorgehen.
Die BI Lüne-Moorfeld sammeln an den nächsten Sonnabenden in der Stadt Unterschriften und hilft, Einwände zu formulieren. Wer dabei Unterstützung benötigt, kann sich auch an Stefanie Becker (Tel.: 15 88 54) wenden.
5. Mai: Landeszeitung zur Position des Lüneburger Stadtrates
Breite Allianz für West-Trasse
SPD, CDU und FDP legen sich im Rat auf eine Linie für A 39 fest - Grüne stimmen dagegen
as/jj Lüneburg.
Auf diesen Ansturm war der Rat nicht vorbereitet. Die Stühle reichten lange nicht, dicht gedrängt verfolgten gestern Abend mehr als hundert Demonstranten die Sitzung im Huldigungssaal des Lüneburger Rathauses. Das Reizthema Autobahn A 39 lockte die Massen. Namentlich Bürger aus der Samtgemeinde Gellersen waren gekommen, um gegen die A 39 und vor allem eine mögliche West-Trasse durch ihre Gemarkung zu protestieren. Und genau das favorisiert eine neue Allianz im Rat: Erstmals sprachen sich SPD, FDP und die CDU gemeinsam klipp und klar für eine West-Trasse und gegen die Vorzugsvariante im Osten und vor allem durch die Stadt aus. Die Grünen votierten dagegen.
Heiko Dörbaum, Fraktionschef der SPD, unterstrich, dass die jüngst vorgestellte Vorzugsvariante mitten durch die Stadt die Lebens- und Wohnqualität von 6000 Menschen erheblich belaste. Dem Schutzgut Mensch sei bei der Abwägung der Fakten nicht der notwendige Vorrang eingeräumt worden. Der Hauptvariantenvergleich zwischen Ost und West müsse von den Planungsbehörden noch einmal geprüft werden. Und er machte keinen Hehl daraus: Auch um den Westen der Stadt von einer Verkehrslawine zu entlasten, "möchte ich mich für eine westliche Trasse aussprechen". Dafür gab's Buhrufe en masse.
Rückendeckung bekam der SPD-Mann von Christdemokrat Dr. Gerhard Scharf: "Endlich kommen wir dazu, gemeinsam einen Antrag zu formulieren und das ganze Gewicht des Rates in die Waagschale zu werfen. Über das Lüneburger Stadtgebiet darf es keine Trasse geben." Weder auf der Ostumgehung noch am Ebensberg sei eine Trasse realistisch. Und die Vorzugsvariante am Kloster Lüne entlang habe geradezu etwas Perverses. Sie schneide das Moorfeld von der Stadt ab, mache es zu einer Insel. Nicht das St.-Florians-Prinzip leite ihn (dafür gab's Lacher), sondern die Fakten: "Die West-Trasse ist kürzer, die Stadt würde von Verkehr entlastet, und die Trasse würde als Fortführung einer ausgebauten Bundesstraße 404 auch Hamburg und Schleswig-Holstein helfen."
Grünen-Chef Andreas Meihsies freuten die Gäste aus Gellersen, wo er als Kandidat fürs Amt des Samtgemeindebürgermeisters ins Rennen geht. "Wir haben immer gesagt, wir brauchen keine Autobahn, wir sind für einen moderaten Ausbau der Bundesstraße 4." Die unheilige Autobahn-Allianz sei mit ihren A39-Plänen "ins Loch gefallen" und komme da nicht mehr raus. Der Grüne musste sich gegen die Vorwürfe wehren, dass die rot-grüne Koalition in Berlin die A39 erst in den Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes gehoben hat. "Kanzler Schröder wollte diese Autobahn, da sind wir in Berlin unterlegen, aber wir haben vor Ort immer dagegen gekämpft. Es gibt keine verträgliche Trasse", konterte Meihsies und erhielt Applaus von den Zuhörern.
Frank Soldan (FDP) erinnerte Meihsies daran, dass der Rat dem Wohl der Lüneburger verpflichtet sei. Viele Bürger seien in die Neubaugebiete der westlichen Gemeinden gezogen, nun drücke der Verkehr von dort in die Stadt. "Deswegen ist die West-Trasse für uns erste Wahl." Der Verkehr lasse sich nicht wegdiskutieren, eine von allen akzeptierte Trasse gebe es nicht. Der wachsende Verkehr aber müsse für die Zukunft gelenkt werden. "Und dafür reicht der Ausbau der B4 nicht aus."
Oberbürgermeister Ulrich Mädge hatte bei der Vorstellung der Vorzugsvariante bissig kritisiert, Hamster und Grashalme im Westen hätten offenbar mehr Gewicht als der Schutz von Menschen in Lüneburg. Dafür musste er schon viel Häme einstecken. Die Gellerser waren zur Ratssitzung denn teils auch mit Hamster-Masken erschienen. Mädge prangerte vor allem die Doppelmoral vieler Autobahngegner im Westen an: Sie suchten aus Reppenstedt oder Kirchgellersen den kürzesten Weg zur A 250 und rollten mit ihren Pkw durch die Lüneburger Wohngebiete. Und so steht der OB klar zur Allianz im Rat: Die Autobahn muss im Westen gebaut werden.