Eine besonders günstige Eigenschaftskombination zum Kaltumformen ergibt sich aus einem großen Unterschied zwischen Streckgrenze und Zugfestigkeit (= geringes Streckgrenzenverhältnis ''' Rp0,2/Rm '''), einer hohen Gleichmaßdehnung ''' Ag ''', einem hohen Anisotropiewert ''' r ''', und einem hohen Verfestigungskoeffizienten ''' n '''.
[[Bild:Umformen_9.jpg]]''Abbildung 9''
Stähle zum Tief-, Streck- und Karosserieteilziehen lassen sich je nach Anwendung in folgende Unterteilung gliedern:
<u> ''' Weiche Tiefziehstähle ''' </u>
Typische Stähle zum Tief- und Karosserieteilziehen sind die in der DIN EN 10130 beschriebenen kaltgewalzten Flacherzeugnisse. Dabei wird zwischen den fünf Stählen ''' DC 01, DC 03 ''' bis ''' DC 06 ''' unterschieden. Der niedrige Gehalt von ''' C ''', ''' N ''' und ''' Mn ''' in diesen Stählen führt zu niedrigen Streckgrenzen (< 250 N/mm2) bei relativ hohen Bruchdehnungen
(> 30 %). Des Weiteren zeichnen sich diese Stähle durch hohe ''' r '''-Werte (ca. 2) aus.
<u> ''' IF-Stähle ''' </u>
IF-Stähle (interstitial free) zeichnen sich durch sehr geringe Legierungen an C und N (0,002 bis 0,004 %) aus. Durch eine Zugabe an Titan und/oder Niob bilden sich mit diesen Legierungselementen Karbide, Nitride und Karbonitride. So entsteht ein Ferrit-Gefüge,
welches frei von interstitiell gelösten ''' C '''- und ''' N '''-Atomen ist. Dadurch ist die Steckgrenze sehr niedrig bei gleichzeitig hohen ''' r '''- und ''' n '''-Werten. ''' IF-Stähle ''' sind daher auch alterungsbeständig.
Der oben genannte ''' DC 06 ''' (früher ''' IF 18 ''') ist ein so genannter ''' IF-Stahl '''.
Die höherfesten mikrolegierten Stähle zeichnen sich durch eine Ausscheidungshärtung durch feinst verteilte Karbonitride der Legierungselemente ''' Ti ''' und ''' Nb ''' aus, die in Bereichen von einigen Hundertstel Prozent Legierungsgehalt im Stahl vorliegen. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung der Streckgrenze und der Zugfestigkeit. Die Mindeststreckgrenze dieser Stähle liegt zwischen 260 und 420 N/mm2, die Zugfestigkeit liegt zwischen 350 und 620 N/mm2 und die Mindestbruchdehnung zwischen 16 und 24 %. Im Stahl-Eisen-Werkstoffblatt SEW 093 sind die folgenden Sorten der höherfesten mikrolegierten Stähle aufgeführt: ZStE 230, ZStE 260, ZStE 340, ZStE 380 und ZStE 420.
Der im Ferrit interstitiell gelöste Phosphor bewirkt eine Mischkristallverfestigung, die je 0,01 % Phosphorgehalt eine Erhöhung der Streckgrenze um ca. 8 N/mm2 bewirkt. Die Mindeststreckgrenzen liegen im Bereich von 220 bis 300 N/mm2. Typische phosphorlegierte
Stähle sind nach Stahl-Eisen-Werkstoffblatt SEW 094: ZStE 220 P,
ZStE 260 P und ZStE 300 P.
<u> ''' Bake-hardening-Stähle (BHZ) ''' </u>
Die Besonderheit bei Bake-Hardening-Stählen ist die Erhöhung der Streckgrenze dieser höherfesten Stähle um ca. 40 N/mm2 durch eine Wärmebehandlung nach der Umformung, die gleichzeitig mit dem Einbrennlackieren vonstatten geht. Bei den Bedingungen des
Einbrennlackierens, einer Temperatur von 170° bei etwa 20 min Dauer, diffundiert der interstitiell gelöste Kohlenstoff an die Versetzungen und blockiert sie. Die Folge ist eine erhöhte Streckgrenze, die die Beulsteifigkeit z.B. einer Motorhaube erhöht. Die Bake-
Hardening-Sorten findet man im Stahl-Eisen-Werkstoffblatt SEW 094 wieder. Beispiele sind ZStE 180 BH, ZStE 220 BH, ZStE 260 BH und ZStE 300 BH.
Des Weiteren wurden in den letzten Jahren noch andere Stahlsorten für Feinblech entwickelt, die spezielle Eigenschaften aufweisen. Hier sind nur einige dieser neueren Entwicklungen in Kurzform dargestellt:
<u> ''' Dualphasen-Stähle (DP) ''' </u>
Dualphasen-Stähle haben ein Gefüge aus Ferrit und einem Martensitanteil von ca. 20 %. Das Vorhandensein einer weichen Ferrit-Phase und einer harten Martensit-Phase erhöht die Zugfestigkeit erheblich bei einer vergleichsweise niedrigen Streckgrenze. Starke Verfestigung schon nach dem ersten Zug. Danach Gefahr von Rissbildung.
<u> ''' TRIP-Stähle (RA) ''' </u>
TRIP-Stähle (Transformation Induced Plasticity) weisen in einer ferritisch-bainitischen Grundmatrix als Besonderheit Restaustenitbestandteile auf, die bei Umformung in harten Martensit umwandeln. Diese Umwandlung führt zu einer beträchtlichen Verfestigung.
Höherfeste "''' isotrope '''" Streckziehstähle
Durch einen geeigneten speziellen Walzprozess wird erreicht, dass diese Stähle ''' r '''-Werte um 1 aufweisen. Dies ist besonders beim Streckziehen von Vorteil.