Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in
einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat
sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt
dieses Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern,
Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-
Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-
Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein
und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit
und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz
für das gesamte Deutsche Volk.
Die Grundrechte
Artikel 1
[Menschenwürde – Menschenrechte – Rechtsverbindlichkeit
der Grundrechte]
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten
und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen
und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage
jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der
Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung,
vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar
geltendes Recht.
Artikel 2
[Persönliche Freiheitsrechte]
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und
nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das
Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese
Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen
werden.
Artikel 3
[Gleichheit vor dem Gesetz]
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert
die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von
Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender
Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und
Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt
werden.
Artikel 4
[Glaubens- und Gewissensfreiheit]
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit
des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind
unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit
der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein
Bundesgesetz.
Artikel 5
[Freiheit der Meinung, Kunst und Wissenschaft]
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein
zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung
durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine
Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der
allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum
Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.
Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur
Verfassung.
Artikel 6
[Ehe – Familie – Kinder]
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der
staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht
der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder
nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt
werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder
wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen
drohen.
I. Die Grundrechte 16
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge
der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die
gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung
und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen
wie den ehelichen Kindern.
Artikel 7
[Schulwesen]
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des
Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme
des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen
mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches
Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes
wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den
Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein
Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden,
Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet.
Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen
bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen
den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen,
wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen
sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung
ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen
zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den
Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die
Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche
und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend
gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die
Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse
anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten,
wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschule errichtet werden soll und
eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde
nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
Artikel 8
[Versammlungsfreiheit]
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung
oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses
Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt
werden.
Artikel 9
[Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit]
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften
zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den
Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige
Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung
richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für
jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die
dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind
nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.
Maßnahmen nach den Artikeln 12 a, 35 Abs. 2 und 3,
Artikel 87 a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen
Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung
der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen
im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Artikel 10
[Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis]
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis
sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet
wer den. Dient die Beschränkung dem Schutze der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes
oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes,
so kann das Gesetz bestimmen, dass sie dem Betroffenen
nicht mitgeteilt wird und dass an die Stelle des Rechtsweges
die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte
Organe und Hilfsorgane tritt.
Artikel 11
[Freizügigkeit]
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in
denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden
ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen
würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden
Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische
Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung
von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders
schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung
oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen,
erforderlich ist.
Artikel 12
[Berufsfreiheit]
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und
Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung
kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt
werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden,
außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen,
für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten
Freiheitsentziehung zulässig.
Artikel 12 a
[Militärische und zivile Dienstpflichten]
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr
an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz
oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe
verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden.
Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes
nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz,
das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muss, die in keinem Zusammenhang mit den
Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes
steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1
oder 2 heran gezogen sind, können im Verteidigungsfalle
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen
Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich
des Schutzes der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse
verpflichtet werden; Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche
Dienstverhältnisse sind nur zur Wahrnehmung
polizeilicher Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben
der öffentlichen Verwaltung, die nur in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis erfüllt werden können, zulässig.
Arbeitsverhältnisse nach Satz 1 können bei den Streitkräften,
im Bereich ihrer Versorgung sowie bei der öffentlichen
Verwaltung begründet werden; Verpflichtungen in
Arbeitsverhältnisse im Bereiche der Versorgung der Zivilbevölkerung
sind nur zulässig, um ihren lebensnotwendigen
Bedarf zu decken oder ihren Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen
im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der
ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger
Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom
vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen
werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der
Waffe verpflichtet werden.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen
nach Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels 80 a
Abs. 1 begründet werden. Zur Vorbereitung auf Dienstleistungen
nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse oder
Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen
zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit
keine Anwendung.
(6) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften für
die in Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf freiwilliger
Grundlage nicht gedeckt werden, so kann zur Sicherung dieses
Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die Ausübung eines
Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Vor Eintritt
des Verteidigungsfalles gilt Absatz 5 Satz 1 entsprechend.
Artikel 13
[Unverletzlichkeit der Wohnung]
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr
im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen
anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen
Form durchgeführt werden.
(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand
eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere
Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat
auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur
akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der
Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden,
wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise
unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die
Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch
einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei
Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen
Richter getroffen werden.
I. Die Grundrechte 21
(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit,
insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr,
dürfen technische Mittel zur Überwachung von
Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt
werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme
auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet
werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich
nachzuholen.
(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei
einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen,
kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle
angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei
erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung
oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig,
wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich
festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche
Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich
über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich
des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich
überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 er folgten Einsatz
technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium
übt auf Grundlage dieses Berichts die parlamentarische
Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige
parlamentarische Kontrolle.
(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur
Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für
einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung
dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot,
zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter
Jugendlicher vorgenommen werden.
Artikel 14
[Eigentum – Erbrecht – Enteignung]
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt
und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
I. Die Grundrechte 22
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem
Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.
Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.
Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der
Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.
Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle
der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Artikel 15
[Vergesellschaftung]
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel
können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein
Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in
Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft
überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel
14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
Artikel 16
[Staatsangehörigkeit – Auslieferung]
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden.
Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund
eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur
dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos
wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.
Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen
an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union
oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden,
soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
Artikel 16 a
[Asylrecht]
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat
der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem
I. Die Grundrechte 23
anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen
Gemein schaften, auf die die Voraussetzungen des
Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1
können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von
einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der
Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen
politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort
weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder
er niedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es
wird vermutet, dass ein Ausländer aus einem solchen Staat
nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die
die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung
politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird
in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die
offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet
gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme
bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden
und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das
Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von
Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander
und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter
Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über
die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein
muss, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren
einschließlich der gegenseitigen Anerkennung
von Asylentscheidungen treffen.
I. Die Grundrechte 24
Artikel 17
[Petitionsrecht]
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft
mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu
wenden.
Artikel 17 a
[Einschränkung der Grundrechte in besonderen Fällen]
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können bestimmen,
dass für die Angehörigen der Streitkräfte und des Ersatzdienstes
während der Zeit des Wehr- oder Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Abs. 1 Satz
1 erster Halbsatz), das Grundrecht der Versammlungsfreiheit
(Artikel 8) und das Petitionsrecht (Artikel 17), soweit
es das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden in Gemeinschaft
mit anderen vorzubringen, eingeschränkt werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes
der Zivilbevölkerung dienen, können bestimmen, dass die
Grundrechte der Freizügigkeit (Artikel 11) und der Unverletzlichkeit
der Wohnung (Artikel 13) eingeschränkt werden.
Artikel 18
[Grundrechtsverwirkung]
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die
Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5
Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit
(Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis
(Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das
Asylrecht (Artikel 16 a) zum Kampfe gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung missbraucht, verwirkt diese
Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Aus maß werden
durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
I. Die Grundrechte 25
Artikel 19
[Einschränkung von Grundrechten – Rechtsweg]
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz
oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden
kann, muss das Gesetz all gemein und nicht nur für den Einzelfall
gelten. Außerdem muss das Gesetz das Grundrecht
unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt
angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische
Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar
sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten
verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine
andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche
Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt
unberührt.
I. Die Grundrechte 26
II.
Der Bund und die Länder
27
Artikel 20
[Verfassungsgrundsätze – Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer
und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke
in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere
Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und
der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung,
die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an
Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen,
haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand,
wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Artikel 20 a
[Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere]
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen
Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die
Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch
die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht
durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Artikel 21
[Parteien]
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung
des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung
muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen
über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über
ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten
ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische
Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen
oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden,
sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit
entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
II. Der Bund und die Länder 28
Artikel 22
[Bundeshauptstadt – Bundesflagge]
(1) Die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin.
Die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt ist
Aufgabe des Bundes. Das Nähere wird durch Bundesgesetz
geregelt.
(2) Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.
Artikel 23
[Europäische Union – Grundrechtsschutz – Subsidiaritätsprinzip]
(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik
Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen
Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen
und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der
Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz
im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet.
Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung
des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung
der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer
vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen,
durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert
oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen
ermöglicht werden, gilt Artikel 79 Abs. 2 und 3.
(1 a) Der Bundestag und der Bundesrat haben das Recht, wegen
Verstoßes eines Gesetzgebungsakts der Europäischen Union
gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Gerichtshof der
Europäischen Union Klage zu erheben. Der Bundestag ist
hierzu auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder verpflichtet.
Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf, können für die Wahrnehmung der Rechte, die dem
Bundestag und dem Bundesrat in den vertraglichen Grundlagen
der Europäischen Union eingeräumt sind, Ausnahmen
von Artikel 42 Abs. 2 Satz 1 und Artikel 52 Abs. 3
Satz 1 zugelassen werden.
(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag
und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend
und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.
(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur
Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten
der Europäischen Union. Die Bundesregierung berücksichtigt
die Stellungnahmen des Bundestages bei den
Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.
(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen,
soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen
Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich
zuständig wären.
(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten
des Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit
im übrigen der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt
die Bundesregierung die Stellungnahme des
Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse
der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre
Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willensbildung
des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrates
maßgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die gesamtstaatliche
Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenheiten,
die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen
für den Bund führen können, ist die Zustimmung
der Bundesregierung erforderlich.
(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse
der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung,
der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird
die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik
Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen,
vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter
der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte
erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung;
dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung
des Bundes zu wahren.
(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das
der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
II. Der Bund und die Länder 30
Artikel 24
[Übertragung von Hoheitsrechten – Kollektives
Sicherheitssystem]
(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche
Einrichtungen übertragen.
(1 a) Soweit die Länder für die Ausübung der staatlichen Befugnisse
und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuständig
sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung
Hoheitsrechte auf grenznachbarschaftliche Einrichtungen
übertragen.
(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem
System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er
wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte
einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in
Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen
und sichern.
(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird der
Bund Vereinbarungen über eine allgemeine, umfassende, obligatorische,
internationale Schiedsgerichtsbarkeit bei treten.
Artikel 25
[Vorrang des Völkerrechts]
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil
des Bundes rechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen
Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des
Bundesgebietes.
Artikel 26
[Friedenssicherung]
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen
wer den, das friedliche Zusammenleben der
Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges
vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind
unter Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung
der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr
gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
II. Der Bund und die Länder 31
Artikel 27
[Handelsflotte]
Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche
Handelsflotte.
Artikel 28
[Landesverfassungen – Selbstverwaltung der Gemeinden]
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss den
Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen
Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen.
In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muss das
Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren,
freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen
ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch
Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates
der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von
Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und
wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten
Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle
Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen
der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die
Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen
Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht
der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung
umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung;
zu diesen Grundlagen gehört eine den
Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende Wirtschaftskraft bezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, dass die verfassungsmäßige Ordnung
der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen
der Absätze 1 und 2 entspricht.
Artikel 29
[Neugliederung des Bundesgebietes]
(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten,
dass die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können.
Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit,
die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die
wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der
Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.
(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen
durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid
bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.
(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren
Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes
Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen
ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie
bisher bestehen bleiben sollen oder ob das neue oder neu
umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid
für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes
kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und
insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen
Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen
Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung
zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet
eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung
ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn
in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen
Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei
Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, dass im Gesamtgebiet
des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei
Dritteln die Änderung ablehnt.
(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs-
und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern
liegen und der mindestens eine Million Einwohner
hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten
durch Volksbegehren gefordert, dass für diesen
Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt
werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren
entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit
gemäß Absatz 2 geändert wird, oder dass in den betroffenen
Ländern eine Volksbefragung stattfindet.
II. Der Bund und die Länder 33
(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob
eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit
Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene,
jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der
Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen
Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist
durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen,
ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert
wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag
eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende
Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach
der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur
Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der
Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.
(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist
die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten
umfasst. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid,
Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz
geregelt; dieses kann auch vorsehen, dass Volksbegehren innerhalb
eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt
werden können.
(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können
durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch
Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen,
wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert
werden soll, nicht mehr als 50 000 Einwohner hat. Das Nähere
regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages
bedarf. Es muss die Anhörung der betroffenen Gemeinden
und Kreise vorsehen.
(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von
ihnen umfasste Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von
den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln.
Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören.
Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid
in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag
II. Der Bund und die Länder 34
Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide
in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5
zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem
Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen
Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag
Wahlberechtigten umfasst; das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.
Artikel 30
[Hoheitsrechte der Länder]
Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung
der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses
Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt.
Artikel 31
[Vorrang des Bundesrechts]
Bundesrecht bricht Landesrecht.
Artikel 32
[Auswärtige Beziehungen]
(1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist
Sache des Bundes.
(2) Vor dem Abschlusse eines Vertrages, der die besonderen
Verhältnisse eines Landes berührt, ist das Land rechtzeitig
zu hören.
(3) Soweit die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind,
können sie mit Zustimmung der Bundesregierung mit auswärtigen
Staaten Verträge abschließen.
Artikel 33
[Gleichstellung als Staatsbürger – Öffentlicher Dienst]
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen
Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und
fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen
Amte.
II. Der Bund und die Länder 35
(3) Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die
Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen
Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen
Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit
oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer
Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige
Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienst
es zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen
Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung
der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums
zu regeln und fortzuentwickeln.
Artikel 34
[Haftung bei Amtspflichtverletzung]
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen
Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende
Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich
den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst
er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der
Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz
und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg
nicht ausgeschlossen werden.
Artikel 35
[Rechts-, Amts- und Katastrophenhilfe]
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich
gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.
(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen
Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen
von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des
Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern,
wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine
Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten
erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder
bei einem besonders schweren Unglücks fall kann ein Land
II. Der Bund und die Länder 36
Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen
anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes
und der Streitkräfte anfordern.
(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das
Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung,
soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist,
den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte
anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten
des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung
der Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen der Bundesregierung
nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des
Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der
Gefahr aufzuheben.
Artikel 36
[Bundesbeamte]
(1) Bei den obersten Bundesbehörden sind Beamte aus allen
Ländern in angemessenem Verhältnis zu verwenden. Die
bei den übrigen Bundesbehörden beschäftigten Personen
sollen in der Regel aus dem Lande genommen werden,
in dem sie tätig sind.
(2) Die Wehrgesetze haben auch die Gliederung des Bundes
in Länder und ihre besonderen landsmannschaftlichen
Verhältnisse zu berücksichtigen.
Artikel 37
[Bundeszwang]
(1) Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetze oder einem
anderen Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten nicht
erfüllt, kann die Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrates die notwendigen Maßnahmen treffen, um das
Land im Wege des Bundeszwanges zur Erfüllung seiner
Pflichten anzuhalten.
(2) Zur Durchführung des Bundeszwanges hat die Bundesregierung
oder ihr Beauftragter das Weisungsrecht gegenüber
allen Ländern und ihren Behörden.
II. Der Bund und die Länder 37
III.
Der Bundestag
38
Artikel 38
[Wahl]
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in
allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer
Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an
Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem
Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet
hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem
die Volljährigkeit eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
Artikel 39
[Wahlperiode – Zusammentritt – Einberufung]
(1) Der Bundestag wird vorbehaltlich der nachfolgenden
Bestimmungen auf vier Jahre gewählt. Seine Wahlperiode
endet mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages.
Die Neuwahl findet frühestens sechsundvierzig, spätestens
achtundvierzig Monate nach Beginn der Wahlperiode statt.
Im Falle einer Auflösung des Bundestages findet die Neuwahl
innerhalb von sechzig Tagen statt.
(2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der
Wahl zusammen.
(3) Der Bundestag bestimmt den Schluss und den Wiederbeginn
seiner Sitzungen. Der Präsident des Bundestages kann
ihn früher einberufen. Er ist hierzu verpflichtet, wenn ein
Drittel der Mitglieder, der Bundespräsident oder der Bundeskanzler
es verlangen.
Artikel 40
[Präsidium – Geschäftsordnung]
(1) Der Bundestag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter
und die Schriftführer. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
(2) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im
Gebäude des Bundestages aus. Ohne seine Genehmigung
darf in den Räumen des Bundestages keine Durchsuchung
oder Beschlagnahme stattfinden.
III. Der Bundestag 39
Artikel 41
[Wahlprüfung]
(1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet
auch, ob ein Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft
verloren hat.
(2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde
an das Bundesverfassungsgericht zulässig.
(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 42
[Öffentliche Sitzungen – Mehrheitsbeschlüsse]
(1) Der Bundestag verhandelt öffentlich. Auf Antrag eines
Zehntels seiner Mitglieder oder auf Antrag der Bundesregierung
kann mit Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit
ausgeschlossen werden. Über den Antrag wird in nichtöffentlicher
Sitzung entschieden.
(2) Zu einem Beschlusse des Bundestages ist die Mehrheit der
abgegebenen Stimmen erforderlich, soweit dieses Grundgesetz
nichts anderes bestimmt. Für die vom Bundestage vorzunehmenden
Wahlen kann die Geschäftsordnung Ausnahmen
zulassen.
(3) Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen
des Bundestages und seiner Ausschüsse bleiben von jeder
Verantwortlichkeit frei.
Artikel 43
[Zitier-, Zutritts- und Anhörungsrecht]
(1) Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit
jedes Mitgliedes der Bundesregierung verlangen.
(2) Die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung
sowie ihre Beauftragten haben zu allen Sitzungen des Bundestages
und seiner Ausschüsse Zutritt. Sie müssen jederzeit
gehört werden.
III. Der Bundestag 40
Artikel 44
[Untersuchungsausschüsse]
(1) Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines Viertels
seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen
Beweise erhebt. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen
werden.
(2) Auf Beweiserhebungen finden die Vorschriften über den
Strafprozess sinngemäß Anwendung. Das Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnis bleibt unberührt.
(3) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechts- und
Amtshilfe verpflichtet.
(4) Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse sind der richterlichen
Erörterung entzogen. In der Würdigung und Beurteilung
des der Untersuchung zugrunde liegenden Sachverhaltes
sind die Gerichte frei.
Artikel 45
[Ausschuss »Europäische Union«]
Der Bundestag bestellt einen Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union. Er kann ihn ermächtigen,
die Rechte des Bundestages gemäß Artikel 23 gegenüber
der Bundesregierung wahrzunehmen. Er kann ihn auch ermächtigen,
die Rechte wahrzunehmen, die dem Bundestag
in den vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union
eingeräumt sind.
Artikel 45 a
[Ausschüsse für Auswärtiges und für Verteidigung]
(1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
und einen Ausschuss für Verteidigung.
(2) Der Ausschuss für Verteidigung hat auch die Rechte eines
Untersuchungsausschusses. Auf Antrag eines Viertels seiner
Mitglieder hat er die Pflicht, eine Angelegenheit zum
Gegenstand seiner Untersuchung zu machen.
(3) Artikel 44 Abs. 1 findet auf dem Gebiet der Verteidigung
keine Anwendung.
III. Der Bundestag 41
Artikel 45 b
[Wehrbeauftragter]
Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages
bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle
wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen. Das
Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 45 c
[Petitionsausschuss]
(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuss, dem die
Behandlung der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten
Bitten und Beschwerden obliegt.
(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur Überprüfung von
Beschwerden regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 45 d
[Parlamentarisches Kontrollgremium]
(1) Der Bundestag bestellt ein Gremium zur Kontrolle der
nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes.
(2) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 46
[lndemnität und Immunität der Abgeordneten]
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung
oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage
oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder
dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages
zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische
Beleidigungen.
(2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeordneter
nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung
gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, dass
er bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages
festgenommen wird.
III. Der Bundestag 42
(3) Die Genehmigung des Bundestages ist ferner bei jeder anderen
Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten
oder zur Einleitung eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten
gemäß Artikel 18 erforderlich.
(4) Jedes Strafverfahren und jedes Verfahren gemäß Artikel 18
gegen einen Abgeordneten, jede Haft und jede sonstige Beschränkung
seiner persönlichen Freiheit sind auf Verlangen
des Bundestages auszusetzen.
Artikel 47
[Zeugnisverweigerungsrecht]
Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die ihnen
in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser
Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über
diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Soweit
dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme
von Schriftstücken unzulässig.
Artikel 48
[Kandidatur – Mandatsschutz – Entschädigung]
(1) Wer sich um einen Sitz im Bundestage bewirbt, hat Anspruch
auf den zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen
Urlaub.
(2) Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten
zu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung oder
Entlassung aus diesem Grunde ist unzulässig.
(3) Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene,
ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. Sie haben
das Recht der freien Benutzung aller staatlichen Verkehrsmittel.
Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 49 (aufgehoben)
III. Der Bundestag 43
IV.
Der Bundesrat
44
Artikel 50
[Aufgabe]
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung
und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten
der Europäischen Union mit.
Artikel 51
[Zusammensetzung – Stimmgewicht]
(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der
Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie können durch
andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.
(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen. Länder mit mehr
als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit
mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit
mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.
(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es
Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich
und nur durch anwesende Mitglieder oder deren
Vertreter abgegeben werden.
Artikel 52
[Präsident – Beschlüsse – Geschäftsordnung]
(1) Der Bundesrat wählt seinen Präsidenten auf ein Jahr.
(2) Der Präsident beruft den Bundesrat ein. Er hat ihn einzuberufen,
wenn die Vertreter von mindestens zwei Ländern
oder die Bundesregierung es verlangen.
(3) Der Bundesrat fasst seine Beschlüsse mit mindestens der
Mehrheit seiner Stimmen. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
Er verhandelt öffentlich. Die Öffentlichkeit kann
ausgeschlossen werden.
(3 a) Für Angelegenheiten der Europäischen Union kann der
Bundesrat eine Europakammer bilden, deren Beschlüsse als
Beschlüsse des Bundesrates gelten; die Anzahl der einheitlich
abzugebenden Stimmen der Länder bestimmt sich nach
Artikel 51 Abs. 2.
IV. Der Bundesrat 45
(4) Den Ausschüssen des Bundesrates können andere Mitglieder
oder Beauftragte der Regierungen der Länder
angehören.
Artikel 53
[Teilnahme der Mitglieder der Bundesregierung]
Die Mitglieder der Bundesregierung haben das Recht und
auf Verlangen die Pflicht, an den Verhandlungen des Bundesrates
und seiner Ausschüsse teilzunehmen. Sie müssen
jederzeit gehört werden. Der Bundesrat ist von der Bundesregierung
über die Führung der Geschäfte auf dem
laufenden zu halten.
IV. Der Bundesrat 46
IV a.
Gemeinsamer Ausschuss
47
Artikel 53 a
[Zusammensetzung – Geschäftsordnung]
(1) Der Gemeinsame Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus
Abgeordneten des Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern
des Bundesrates. Die Abgeordneten werden vom
Bundestage entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen
bestimmt; sie dürfen nicht der Bundesregierung angehören.
Jedes Land wird durch ein von ihm bestelltes Mitglied
des Bundesrates vertreten; diese Mitglieder sind nicht
an Weisungen gebunden. Die Bildung des Gemeinsamen
Ausschusses und sein Verfahren werden durch eine Geschäftsordnung
geregelt, die vom Bundestage zu beschließen
ist und der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(2) Die Bundesregierung hat den Gemeinsamen Ausschuss
über ihre Planungen für den Verteidigungsfall zu unterrichten.
Die Rechte des Bundestages und seiner Ausschüsse
nach Artikel 43 Abs. 1 bleiben unberührt.
IV a. Gemeinsamer Ausschuss 48
V.
Der Bundespräsident
49
Artikel 54
[Wahl – Amtsdauer]
(1) Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung
gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche, der
das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste
Lebensjahr vollendet hat.
(2) Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre. Anschließende
Wiederwahl ist nur einmal zulässig.
(3) Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des
Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern,
die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen
der Verhältniswahl gewählt werden.
(4) Die Bundesversammlung tritt spätestens dreißig Tage vor
Ablauf der Amtszeit des Bundespräsidenten, bei vorzeitiger
Beendigung spätestens dreißig Tage nach diesem Zeitpunkt
zusammen. Sie wird von dem Präsidenten des Bundestages
einberufen.
(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die Frist des
Absatzes 4 Satz 1 mit dem ersten Zusammentritt des
Bundestages.
(6) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder
der Bundesversammlung erhält. Wird diese Mehrheit in
zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so ist
gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten
Stimmen auf sich vereinigt.
(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 55
[Unvereinbarkeiten]
(1) Der Bundespräsident darf weder der Regierung noch einer
gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes
angehören.
(2) Der Bundespräsident darf kein anderes besoldetes Amt,
kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der
Leitung noch dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten
Unternehmens angehören.
V. Der Bundespräsident 50
Artikel 56
[Amtseid]
Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor
den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des
Bundesrates folgenden Eid:
»Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen
Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von
ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes
wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft
erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.
So wahr mir Gott helfe.«
Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet
werden.
Artikel 57
[Vertretung]
Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im Falle seiner
Verhinderung oder bei vorzeitiger Erledigung des Amtes
durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen.
Artikel 58
[Gegenzeichnung]
Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten
bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch
den Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister. Dies gilt nicht für die Ernennung und Entlassung
des Bundeskanzlers, die Auflösung des Bundestages gemäß
Artikel 63 und das Ersuchen gemäß Artikel 69 Abs. 3.
Artikel 59
[Völkerrechtliche Vertretung des Bundes]
(1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich. Er
schließt im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen
Staaten. Er beglaubigt und empfängt die Gesandten.
(2) Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes
regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung
beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung
der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften
in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen
gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung
entsprechend.
Artikel 59 a (aufgehoben)
Artikel 60
[Beamtenernennung – Begnadigungsrecht – Immunität]
(1) Der Bundespräsident ernennt und entlässt die Bundesrichter,
die Bundesbeamten, die Offiziere und Unteroffiziere,
soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(2) Er übt im Einzelfalle für den Bund das Begnadigungsrecht
aus.
(3) Er kann diese Befugnisse auf andere Behörden übertragen.
(4) Die Absätze 2 bis 4 des Artikels 46 finden auf den Bundespräsidenten
entsprechende Anwendung.
Artikel 61
[Anklage vor dem Bundesverfassungsgericht]
(1) Der Bundestag oder der Bundesrat können den Bundespräsidenten
wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes
oder eines anderen Bundesgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht
anklagen. Der Antrag auf Erhebung der Anklage
muss von mindestens einem Viertel der Mitglieder des
Bundestages oder einem Viertel der Stimmen des Bundesrates
gestellt werden. Der Beschluss auf Erhebung der Anklage
bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder
des Bundestages oder von zwei Dritteln der Stimmen des
Bundesrates. Die Anklage wird von einem Beauftragten der
anklagenden Körperschaft vertreten.
(2) Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass der Bundespräsident
einer vorsätzlichen Verletzung des Grundgesetzes
oder eines anderen Bundesgesetzes schuldig ist, so kann es
ihn des Amtes für verlustig erklären. Durch einstweilige Anordnung
kann es nach der Erhebung der Anklage bestimmen,
dass er an der Ausübung seines Amtes verhindert ist.
V. Der Bundespräsident 52
VI.
Die Bundesregierung
53
Artikel 62
[Zusammensetzung]
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und
aus den Bundesministern.
Artikel 63
[Wahl des Bundeskanzlers]
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten
vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder
des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom
Bundespräsidenten zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag
binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit
mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler
wählen.
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande,
so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem
gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der
Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des
Bundestages auf sich, so muss der Bundespräsident ihn
binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der
Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident
binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den
Bundestag aufzulösen.
Artikel 64
[Ernennung und Entlassung der Bundesminister –
Amtseid]
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers
vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der
Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen
Eid.
VI. Die Bundesregierung 54
Artikel 65
[Richtlinienkompetenz, Ressort- und Kollegialprinzip]
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik
und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien
leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich
selbständig und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten
zwischen den Bundesministern
entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet
ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen
und vom Bundespräsidenten genehmigten
Geschäftsordnung.
Artikel 65 a
[Befehls- und Kommandogewalt]
(1) Der Bundesminister für Verteidigung hat die Befehls- und
Kommandogewalt über die Streitkräfte.
(2) (weggefallen)
Artikel 66
[Unvereinbarkeiten]
Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein
anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf
ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung
des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten
Unternehmens angehören.
Artikel 67
[Mißtrauensvotum]
(1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Misstrauen
nur dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner
Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten
ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der Bundespräsident
muss dem Ersuchen entsprechen und den
Gewählten ernennen.
(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen achtundvierzig
Stunden liegen.
VI. Die Bundesregierung 55
Artikel 68
[Vertrauensfrage]
(1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen
auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der
Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident
auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig
Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung
erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner
Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.
(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung müssen
achtundvierzig Stunden liegen.
Artikel 69
[Stellvertreter des Bundeskanzlers – Amtsdauer]
(1) Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu
seinem Stellvertreter.
(2) Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers
endigt in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen
Bundestages, das Amt eines Bundesministers auch mit jeder
anderen Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers.
(3) Auf Ersuchen des Bundespräsidenten ist der Bundeskanzler,
auf Ersuchen des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten
ein Bundesminister verpflichtet, die Geschäfte
bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen.
VI. Die Bundesregierung 56
VII.
Die Gesetzgebung des Bundes
57
Artikel 70
[Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern]
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit
dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse
verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und
Ländern bemisst sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes
über die ausschließliche und die konkurrierende
Gesetzgebung.
Artikel 71
[Ausschließliche Gesetzgebung des Bundes]
Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes
haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn
und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetze ausdrücklich
ermächtigt werden.
Artikel 72
[Konkurrierende Gesetzgebung]
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die
Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit
der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht
durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15,
19 a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht,
wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse
im Bundesgebiet oder die Wahrung der
Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse
eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch
gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon
abweichende Regelungen treffen über:
1. das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2. den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die
allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht
des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3. die Bodenverteilung;
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 58
4. die Raumordnung;
5. den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene
Regelungen);
6. die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs
Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit
Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf
den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundesund
Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, dass eine bundesgesetzliche
Regelung, für die eine Erforderlichkeit im
Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht
ersetzt werden kann.
Artikel 73
[Gebiete der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes]
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
1. die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung
einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung;
2. die Staatsangehörigkeit im Bunde;
3. die Freizügigkeit, das Passwesen, das Melde- und Ausweiswesen,
die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung;
4. das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte
sowie die Zeitbestimmung;
5. die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und
Schifffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs
und den Waren- und Zahlungsverkehr mit
dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes;
5 a. den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung
ins Ausland;
6. den Luftverkehr;
6 a. den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich
im Eigentum des Bundes stehen (Eisenbahnen des
Bundes), den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben
von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes sowie
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 59
die Erhebung von Entgelten für die Benutzung dieser
Schienenwege;
7. das Postwesen und die Telekommunikation;
8. die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und
der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen
Rechtes stehenden Personen;
9. den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und
das Verlagsrecht;
9 a. die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus
durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in
denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit
einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar
ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme
ersucht;
10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder
a) in der Kriminalpolizei,
b) zum Schutze der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des
Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und
c) zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet,
die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete
Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange
der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes
und die internationale Verbrechensbekämpfung;
11. die Statistik für Bundeszwecke;
12. das Waffen- und das Sprengstoffrecht;
13. die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen
und die Fürsorge für die ehemaligen
Kriegsgefangenen;
14. die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen
Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von
Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen
Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder
durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung
radioaktiver Stoffe.
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 60
(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 9 a bedürfen der Zustimmung
des Bundesrates.
Artikel 74
[Gebiete der konkurrierenden Gesetzgebung]
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf
folgende Gebiete:
1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung,
das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des
Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft,
das Notariat und die Rechtsberatung;
2. das Personenstandswesen;
3. das Vereinsrecht;
4. das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der
Ausländer;
5. (weggefallen)
6. die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7. die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8. (weggefallen)
9. die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10. die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges
und Opfer von Gewaltherrschaft;
11. das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft,
Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und
Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen)
ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten,
der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der
Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12. das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung,
des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie
die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13. die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung
der wissenschaftlichen Forschung;
14. das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten
der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 61
15. die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen
und Produktionsmitteln in Gemeineigentum
oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16. die Verhütung des Missbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17. die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen
Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die
Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und
forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und
Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18. den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht
(ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und
das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das
Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht
und das Bergmannssiedlungsrecht;
19. Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare
Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu
ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe,
sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien,
der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel
und der Gifte;
19 a. die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und
die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20. das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung
dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel,
Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz
beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und
Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten
und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21. die Hochsee- und Küstenschifffahrt sowie die Seezeichen,
die Binnenschifffahrt, den Wetterdienst, die
Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr
dienenden Binnenwasserstraßen;
22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die
Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie
die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten
für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 62
23. die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes
sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24. die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung
(ohne Schutz vor verhaltensbezogenem
Lärm);
25. die Staatshaftung;
26. die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen
Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung
von Erbinformationen sowie Regelungen zur
Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27. die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder,
Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen
Rechts sowie der Richter in den Ländern mit
Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28. das Jagdwesen;
29. den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30. die Bodenverteilung;
31. die Raumordnung;
32. den Wasserhaushalt;
33. die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.
(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung
des Bundesrates.
Artikel 74 a (weggefallen)
Artikel 75 (weggefallen)
Artikel 76
[Gesetzesvorlagen]
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung,
aus der Mitte des Bundestages oder durch
den Bundesrat eingebracht.
(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat
zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von
sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt
er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht
auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 63
beträgt die Frist neun Wochen. Die Bundesregierung kann
eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat
ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat,
nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat ein Verlangen
nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem Bundestag
zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates
noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme
des Bundesrates unverzüglich nach Eingang dem Bundestag
nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses
Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten
nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme
neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.
(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die
Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten.
Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus
wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den
Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die
Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine Vorlage ausnahmsweise
als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt
die Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung
ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechs Wochen. Bei
Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung
von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24
beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.
Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener
Frist zu beraten und Beschluss zu fassen.
Artikel 77
[Gang der Gesetzgebung – Vermittlungsausschuss]
(1) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen.
Sie sind nach ihrer Annahme durch den Präsidenten des
Bundestages unverzüglich dem Bundesrate zuzuleiten.
(2) Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang des
Gesetzesbeschlusses verlangen, dass ein aus Mitgliedern des
Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung
von Vorlagen gebildeter Ausschuss einberufen wird. Die
Zusammensetzung und das Verfahren dieses Ausschusses
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 64
regelt eine Geschäftsordnung, die vom Bundestag beschlossen
wird und der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die in diesen
Ausschuss entsandten Mitglieder des Bundesrates sind
nicht an Weisungen gebunden. Ist zu einem Gesetze die Zustimmung
des Bundesrates erforderlich, so können auch der
Bundestag und die Bundesregierung die Einberufung verlangen.
Schlägt der Ausschuss eine Änderung des Gesetzesbeschlusses
vor, so hat der Bundestag erneut Beschluss zu fassen.
(2 a) Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates
erforderlich ist, hat der Bundesrat, wenn ein Verlangen
nach Absatz 2 Satz 1 nicht gestellt oder das Vermittlungsverfahren
ohne einen Vorschlag zur Änderung des Gesetzesbeschlusses
beendet ist, in angemessener Frist über
die Zustimmung Beschluss zu fassen.
(3) Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates
nicht erforderlich ist, kann der Bundesrat, wenn das Verfahren
nach Absatz 2 beendigt ist, gegen ein vom Bundestage
beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch
einlegen. Die Einspruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes
2 letzter Satz mit dem Eingange des vom Bundestage erneut
gefassten Beschlusses, in allen anderen Fällen mit dem
Eingange der Mitteilung des Vorsitzenden des in Absatz 2
vorgesehenen Ausschusses, dass das Verfahren vor dem
Ausschusse abgeschlossen ist.
(4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen des
Bundesrates beschlossen, so kann er durch Beschluss
der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen
werden. Hat der Bundesrat den Einspruch mit
einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen
beschlossen, so bedarf die Zurückweisung durch den
Bundestag einer Mehrheit von zwei Dritteln, mindestens
der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
Artikel 78
[Zustandekommen der Gesetze]
Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande,
wenn der Bundesrat zustimmt, den Antrag gemäß
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 65
Artikel 77 Abs. 2 nicht stellt, innerhalb der Frist des
Artikels 77 Abs. 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn
zurücknimmt oder wenn der Einspruch vom Bundestage
überstimmt wird.
Artikel 79
[Änderung des Grundgesetzes]
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden,
das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert
oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine
Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung
oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum
Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik
zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, dass
die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluss und
dem lnkraftsetzen der Verträge nicht entgegen stehen, eine
Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf
die se Klarstellung beschränkt.
(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln
der Mit glieder des Bundestages und zwei Dritteln der
Stimmen des Bundesrates.
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die
Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung
der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den
Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden,
ist unzulässig.
Artikel 80
[Erlass von Rechtsverordnungen]
(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister
oder die Landesregierungen ermächtigt werden,
Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt,
Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze
bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung
anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, dass eine Ermächtigung
weiter übertragen werden kann, so bedarf es
zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 66
(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich
anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen
der Bundesregierung oder eines Bundesministers
über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen
des Postwesens und der Telekommunikation,
über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung
der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes,
über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen
auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung
des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern
im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit
ausgeführt werden.
(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den
Erlass von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung
bedürfen.
(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen
Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen
zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung
auch durch Gesetz befugt.
Artikel 80 a
[Spannungsfall]
(1) Ist in diesem Grundgesetz oder in einem Bundesgesetz
über die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung
bestimmt, dass Rechtsvorschriften nur nach
Maßgabe dieses Artikels angewandt werden dürfen, so ist
die Anwendung außer im Verteidigungsfalle nur zulässig,
wenn der Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles
festgestellt oder wenn er der Anwendung besonders zugestimmt
hat. Die Feststellung des Spannungsfalles und die
besondere Zustimmung in den Fällen des Artikels 12 a
Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 2 bedürfen einer Mehrheit
von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.
(2) Maßnahmen auf Grund von Rechtsvorschriften nach
Absatz 1 sind aufzuheben, wenn der Bundestag es verlangt.
(3) Abweichend von Absatz 1 ist die Anwendung solcher
Rechtsvorschriften auch auf der Grundlage und nach Maßgabe eines Beschlusses zulässig, der von einem internationalen
Organ im Rahmen eines Bündnisvertrages mit Zustimmung
der Bundesregierung gefasst wird. Maßnahmen
nach diesem Absatz sind aufzuheben, wenn der Bundestag
es mit der Mehrheit seiner Mitglieder verlangt.
Artikel 81
[Gesetzgebungsnotstand]
(1) Wird im Falle des Artikels 68 der Bundestag nicht aufgelöst,
so kann der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung
mit Zustimmung des Bundesrates für eine Gesetzesvorlage
den Gesetzgebungsnotstand erklären, wenn der
Bundestag sie ablehnt, obwohl die Bundesregierung sie als
dringlich bezeichnet hat. Das gleiche gilt, wenn eine Gesetzesvorlage
abgelehnt worden ist, obwohl der Bundeskanzler
mit ihr den Antrag des Artikels 68 verbunden hatte.
(2) Lehnt der Bundestag die Gesetzesvorlage nach Erklärung
des Gesetzgebungsnotstandes erneut ab oder nimmt er sie in
einer für die Bundesregierung als unannehmbar bezeichneten
Fassung an, so gilt das Gesetz als zustande gekommen,
soweit der Bundesrat ihm zustimmt. Das gleiche gilt, wenn
die Vorlage vom Bundestage nicht innerhalb von vier Wochen
nach der erneuten Einbringung verabschiedet wird.
(3) Während der Amtszeit eines Bundeskanzlers kann auch
jede andere vom Bundestage abgelehnte Gesetzesvorlage innerhalb
einer Frist von sechs Monaten nach der ersten Erklärung
des Gesetzgebungsnotstandes gemäß Absatz 1 und
2 verabschiedet werden. Nach Ablauf der Frist ist während
der Amtszeit des gleichen Bundeskanzlers eine weitere
Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes unzulässig.
(4) Das Grundgesetz darf durch ein Gesetz, das nach Absatz 2
zustande kommt, weder geändert, noch ganz oder teilweise
außer Kraft oder außer Anwendung gesetzt werden.
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 68
Artikel 82
[Ausfertigung – Verkündung – Inkrafttreten]
(1) Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande
gekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten nach
Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatte
verkündet. Rechtsverordnungen werden von der Stelle, die
sie erlässt, ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher
Regelung im Bundesgesetzblatte verkündet.
(2) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag des
Inkrafttretens bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung, so
treten sie mit dem vier zehnten Tage nach Ablauf des Tages
in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden
ist.
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 69
VIII.
Die Ausführung der Bundesgesetze
und die Bundesverwaltung
70
Artikel 83
[Ausführung durch die Länder]
Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit
aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes
bestimmt oder zulässt.
Artikel 84
[Landeseigene Verwaltung – Bundesaufsicht]
(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit
aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und
das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes
bestimmen, können die Länder davon abweichende
Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung
nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf
bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung
der Behörden und des Verwaltungsverfahrens
frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft,
soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt
ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In
Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen
Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren
ohne Abweichungsmöglichkeit für die
Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des
Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und
Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates
allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.
(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, dass
die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß
ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke
Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden,
mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung
versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu
den nachgeordneten Behörden.
(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung
der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat,
nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht
verletzt hat. Gegen den Beschluss des Bundesrates kann das
Bundesverfassungsgericht angerufen werden.
(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von
Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere
Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer
wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet,
an die obersten Landesbehörden zu richten.
Artikel 85
[Auftragsverwaltung]
(1) Führen die Länder die Bundesgesetze im Auftrage des
Bundes aus, so bleibt die Einrichtung der Behörden Angelegenheit der Länder, soweit nicht Bundesgesetze mit
Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen.
Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden
Aufgaben nicht übertragen werden.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates
allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. Sie kann
die einheitliche Ausbildung der Beamten und Angestellten
regeln. Die Leiter der Mittelbehörden sind mit ihrem Einvernehmen
zu bestellen.
(3) Die Landesbehörden unterstehen den Weisungen der zuständigen
obersten Bundesbehörden. Die Weisungen sind,
außer wenn die Bundesregierung es für dringlich erachtet,
an die obersten Landesbehörden zu richten. Der Vollzug der
Weisung ist durch die obersten Landesbehörden sicherzustellen.
(4) Die Bundesaufsicht erstreckt sich auf Gesetzmäßigkeit und
Zweckmäßigkeit der Ausführung. Die Bundesregierung
kann zu diesem Zwecke Bericht und Vorlage der Akten verlangen
und Beauftragte zu allen Behörden entsenden.
VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung 72
Artikel 86
[Bundeseigene Verwaltung]
Führt der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung
oder durch bundesunmittelbare Körperschaften
oder Anstalten des öffentlichen Rechtes aus, so erlässt
die Bundesregierung, soweit nicht das Gesetz Besonderes
vor schreibt, die allgemeinen Verwaltungsvorschriften.
Sie regelt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt,
die Einrichtung der Behörden.
Artikel 87
[Sachgebiete]
(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau
wer den geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und nach Maßgabe des Artikels 89 die
Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schifffahrt.
Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden,
Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen,
für die Kriminalpolizei und zur Sammlung
von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und
des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete
Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik
Deutschland gefährden, eingerichtet werden.
(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen
Rechtes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger
geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet
eines Landes hinaus erstreckt. Soziale Versicherungsträger,
deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines
Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt,
werden ab weichend von Satz 1 als landesunmittelbare
Körperschaften des öffentlichen Rechtes geführt, wenn
das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder
bestimmt ist.
(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bunde
die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden
und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet
werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für die
ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können
bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden
mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit
der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.
Artikel 87 a
[Streitkräfte]
(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige
Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation
müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt
werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich
zulässt.
(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle
die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und
Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit
dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich
ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle
und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur
Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden;
die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden
zusammen.
(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder
die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes
oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die
Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die
Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen,
Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des
Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten
und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter
Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften
ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der
Bundesrat es verlangen.
VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung 74
Artikel 87 b
[Bundeswehr- und Verteidigungsverwaltung]
(1) Die Bundeswehrverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung
mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt. Sie dient
den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren
Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte. Aufgaben der
Beschädigtenversorgung und des Bauwesens können der
Bundeswehrverwaltung nur durch Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, übertragen werden.
Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen ferner Gesetze,
soweit sie die Bundeswehrverwaltung zu Eingriffen in
Rechte Dritter ermächtigen; das gilt nicht für Gesetze auf
dem Gebiete des Personalwesens.
(2) Im übrigen können Bundesgesetze, die der Verteidigung
einschließlich des Wehrersatzwesens und des Schutzes der
Zivilbevölkerung dienen, mit Zustimmung des Bundesrates
bestimmen, dass sie ganz oder teilweise in bundeseigener
Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau oder von
den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt werden.
Werden solche Gesetze von den Ländern im Auftrage des
Bundes ausgeführt, so können sie mit Zustimmung des
Bundesrates bestimmen, dass die der Bundesregierung und
den zuständigen obersten Bundesbehörden auf Grund des
Artikels 85 zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise
Bundesoberhehörden übertragen werden; dabei kann
bestimmt werden, dass diese Behörden beim Erlass all gemeiner
Verwaltungsvorschriften gemäß Artikel 85 Abs. 2
Satz 1 nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen.
Artikel 87 c
[Erzeugung und Nutzung der Kernenergie]
Gesetze, die auf Grund des Artikels 73 Abs. 1 Nr. 14 ergehen,
können mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen,
dass sie von den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt
werden.
VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung 75
Artikel 87 d
[ Luftverkehrsverwaltung]
(1) Die Luftverkehrsverwaltung wird in Bundesverwaltung geführt.
Aufgaben der Flugsicherung können auch durch ausländische
Flugsicherungsorganisationen wahrgenommen
werden, die nach Recht der Europäischen Gemeinschaft zugelassen
sind. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf, können Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung den
Ländern als Auftragsverwaltung übertragen werden.
Artikel 87 e
[Eisenbahnverkehrsverwaltung]
(1) Die Eisenbahnverkehrsverwaltung für Eisenbahnen des Bundes
wird in bundeseigener Verwaltung geführt. Durch Bundesgesetz
können Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung
den Ländern als eigene Angelegenheit übertragen werden.
(2) Der Bund nimmt die über den Bereich der Eisenbahnen des
Bundes hinausgehenden Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung
wahr, die ihm durch Bundesgesetz übertragen
werden.
(3) Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmen
in privat rechtlicher Form geführt. Diese stehen im Eigentum
des Bundes, soweit die Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens
den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben
von Schienenwegen umfasst. Die Veräußerung von Anteilen
des Bundes an den Unternehmen nach Satz 2 erfolgt auf
Grund eines Gesetzes; die Mehrheit der Anteile an diesen
Unternehmen verbleibt beim Bund. Das Nähere wird durch
Bundesgesetz geregelt.
(4) Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit,
insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und
Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes
sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz,
soweit diese nicht den Schienenpersonennahverkehr
betreffen, Rechnung getragen wird. Das Nähere wird durch
Bundesgesetz geregelt.
VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung 76
VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung 77
(5) Gesetze auf Grund der Absätze 1 bis 4 bedürfen der Zustimmung
des Bundesrates. Der Zustimmung des Bundesrates
bedürfen ferner Gesetze, die die Auflösung, die Verschmelzung
und die Aufspaltung von Eisen bahn unternehmen des
Bundes, die Übertragung von Schienenwegen der Eisenbahnen
des Bundes an Dritte sowie die Stilllegung von
Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes regeln oder
Auswirkungen auf den Schienenpersonennahverkehr
haben.
Artikel 87 f
[Postwesen und Telekommunikation]
(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich
des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend
angemessene und ausreichende Dienstleistungen.
(2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen
Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen
und durch andere private Anbieter erbracht.
Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation werden in bundeseigener Verwaltung
ausgeführt.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der
Rechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen
Rechts einzelne Aufgaben in Bezug auf die aus dem
Sondervermögen Deutsche Bundespost her vorgegangenen
Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.
Artikel 88
[Bundesbank – Europäische Zentralbank]
Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank.
Ihre Aufgaben und Befugnisse können im Rahmen
der Europäischen Union der Europäischen Zentralbank
übertragen werden, die unabhängig ist und dem vorrangigen
Ziel der Sicherung der Preisstabilität verpflichtet.
VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung 78
Artikel 89
[Bundeswasserstraßen – Schifffahrtverwaltung]
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichswasserstrassen.
(2) Der Bund verwaltet die Bundeswasserstraßen durch eigene
Behörden. Er nimmt die über den Bereich eines Landes
hinausgehenden staatlichen Aufgaben der Binnenschifffahrt
und die Aufgaben der Seeschifffahrt wahr, die ihm durch
Gesetz übertragen werden. Er kann die Verwaltung von
Bundeswasserstraßen, soweit sie im Gebiete eines Landes
liegen, diesem Lande auf Antrag als Auftragsverwaltung
übertragen. Berührt eine Wasserstraße das Gebiet mehrerer
Länder, so kann der Bund das Land beauftragen, für das
die beteiligten Länder es beantragen.
(3) Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von
Wasserstraßen sind die Bedürfnisse der Landeskultur und
der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den Ländern
zu wahren.
Artikel 90
[Bundesstraßen]
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichsautobahnen
und Reichsstraßen.
(2) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften
verwalten die Bundesautobahnen
und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im
Auftrage des Bundes.
(3) Auf Antrag eines Landes kann der Bund Bundesautobahnen
und sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie
im Gebiet dieses Landes liegen, in bundeseigene Verwaltung
übernehmen.
Artikel 91
[Innerer Notstand]
(1) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder
die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes
oder eines Landes kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder sowie Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen
und des Bundesgrenzschutzes anfordern.
(2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung
der Gefahr bereit oder in der Lage, so kann die
Bundesregierung die Polizei in diesem Lande und die
Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unter stellen
sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes einsetzen. Die
Anordnung ist nach Beseitigung der Gefahr, im übrigen
je derzeit auf Verlangen des Bundesrates aufzuheben.
Erstreckt sich die Gefahr auf das Gebiet mehr als eines
Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen
Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen
Weisungen erteilen; Satz 1 und Satz 2 bleiben unberührt.
VIII a.
Gemeinschaftsaufgaben,
Verwaltungszusammenarbeit
80
Artikel 91 a
[Mitwirkung des Bundes – Kostenverteilung]
(1) Der Bund wirkt auf folgenden Gebieten bei der Erfüllung
von Aufgaben der Länder mit, wenn diese Aufgaben für
die Gesamtheit bedeutsam sind und die Mitwirkung des
Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich
ist (Gemeinschaftsaufgaben):
1. Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur,
2. Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes.
(2) Durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates
werden die Gemeinschaftsaufgaben sowie Einzelheiten der
Koordinierung näher bestimmt.
(3) Der Bund trägt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die Hälfte
der Ausgaben in jedem Land. In den Fällen des Absatzes 1
Nr. 2 trägt der Bund mindestens die Hälfte; die Beteiligung
ist für alle Länder einheitlich fest zusetzen. Das Nähere
regelt das Gesetz. Die Bereitstellung der Mittel bleibt der
Feststellung in den Haushaltsplänen des Bundes und der
Länder vorbehalten.
Artikel 91 b
[Bildungsplanung und Förderung der Forschung]
(1) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen
in Fällen überregionaler Bedeutung zusammenwirken bei
der Förderung von:
1. Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen
Forschung außerhalb von Hochschulen;
2. Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen;
3. Forschungsbauten an Hochschulen einschließlich
Großgeräten.
Vereinbarungen nach Satz 1 Nr. 2 bedürfen der Zustimmung
aller Länder.
VIII a. Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit 81
(2) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen
zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens
im internationalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten
und Empfehlungen zusammenwirken.
(3) Die Kostentragung wird in der Vereinbarung geregelt.
Artikel 91 c
[Informationstechnische Systeme]
(1) Bund und Länder können bei der Planung, der Errichtung
und dem Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten
informationstechnischen Systeme zusammenwirken.
(2) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen
die für die Kommunikation zwischen ihren informationstechnischen
Systemen notwendigen Standards und Sicherheitsanforderungen
festlegen. Vereinbarungen über die
Grundlagen der Zusammenarbeit nach Satz 1 können für
einzelne nach Inhalt und Ausmaß bestimmte Aufgaben vorsehen,
dass nähere Regelungen bei Zustimmung einer in
der Vereinbarung zu bestimmenden qualifizierten Mehrheit
für Bund und Länder in Kraft treten. Sie bedürfen der Zustimmung
des Bundestages und der Volksvertretungen der
beteiligten Länder; das Recht zur Kündigung dieser Vereinbarungen
kann nicht ausgeschlossen werden. Die Vereinbarungen
regeln auch die Kostentragung.
(3) Die Länder können darüber hinaus den gemeinschaftlichen
Betrieb informationstechnischer Systeme sowie die
Errichtung von dazu bestimmten Einrichtungen vereinbaren.
(4) Der Bund errichtet zur Verbindung der informationstechnischen
Netze des Bundes und der Länder ein Verbindungsnetz.
Das Nähere zur Errichtung und zum Betrieb des
Verbindungsnetzes regelt ein Bundesgesetz mit Zustimmung
des Bundesrates.
VIII a. Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit 82
Artikel 91 d
[Leistungsvergleich]
Bund und Länder können zur Feststellung und Förderung
der Leistungsfähigkeit ihrer Verwaltungen Vergleichsstudien
durchführen und die Ergebnisse veröffentlichen.
VIII a. Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit 83
IX.
Die Rechtsprechung
84
Artikel 92
[Organe der rechtsprechenden Gewalt]
Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut;
sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in
diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und
durch die Gerichte der Länder aus geübt.
Artikel 93
[Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts]
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlass
von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und
Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer
Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der
Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit
eigenen Rechten ausgestattet sind;
2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über
die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht
oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder
die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte
auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung
oder eines Viertels der Mitglieder des
Bundestages;
2 a. bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen
des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag
des Bundesrates, einer Landesregierung oder der
Volksvertretung eines Landes;
3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten
des Bundes und der Länder, insbesondere bei der
Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei
der Ausübung der Bundesaufsicht;
4. in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen
dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen
Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit
nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;
4 a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit
der Behauptung erhoben werden können, durch die
IX. Die Rechtsprechung 85
öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder
in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103
und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
4 b. über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und
Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf
Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei
Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde
beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;
5. in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen
Fällen.
(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf
Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der
Volksvertretung eines Landes, ob im Falle des Artikels 72
Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung
nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht
in den Fällen des Artikels 125 a Abs. 2 Satz 1 nicht
mehr erlassen werden könnte. Die Feststellung, dass die
Erforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr
erlassen werden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel
72 Abs. 4 oder nach Artikel 125 a Abs. 2 Satz 2. Der
Antrag nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage
nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125 a Abs. 2
Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nicht innerhalb
eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn
eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundesrat abgelehnt
worden ist.
(3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst
durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.
Artikel 94
[Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts]
(1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern
und anderen Mitgliedern. Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes
werden je zur Hälfte vom Bundestage und
vom Bundesrate gewählt. Sie dürfen weder dem Bundestage,
dem Bundesrate, der Bundesregierung noch entsprechenden Organen eines Landes angehören.
(2) Ein Bundesgesetz regelt seine Verfassung und das Verfahren
und bestimmt, in welchen Fällen seine Entscheidungen
Gesetzeskraft haben. Es kann für Verfassungsbeschwerden
die vorherige Erschöpfung des Rechtsweges zur Voraussetzung
machen und ein besonderes Annahmeverfahren vorsehen.
Artikel 95
[Oberste Gerichtshöfe]
(1) Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-, der
Finanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit errichtet
der Bund als oberste Gerichtshöfe den Bundesgerichtshof,
das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das
Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht.
(2) Über die Berufung der Richter dieser Gerichte entscheidet
der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister
gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss, der aus den
für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Ministern der Länder
und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern besteht, die
vom Bundestage gewählt werden.
(3) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist
ein gemeinsamer Senat der in Absatz 1 genannten Gerichte
zu bilden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 96
[Bundesgerichte]
(1) Der Bund kann für Angelegenheiten des gewerblichen
Rechtsschutzes ein Bundesgericht errichten.
(2) Der Bund kann Wehrstrafgerichte für die Streitkräfte als
Bundesgerichte errichten. Sie können die Strafgerichtsbarkeit
nur im Verteidigungsfalle sowie über Angehörige der
Streitkräfte ausüben, die in das Ausland entsandt oder
an Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind. Das Nähere
regelt ein Bundesgesetz. Diese Gerichte gehören zum Geschäftsbereich des Bundesjustizministers. Ihre hauptamtlichen
Richter müssen die Befähigung zum Richteramt
haben.
(3) Oberster Gerichtshof für die in Absatz 1 und 2 genannten
Gerichte ist der Bundesgerichtshof.
(4) Der Bund kann für Personen, die zu ihm in einem öffentlich-
rechtlichen Dienstverhältnis stehen, Bundesgerichte
zur Entscheidung in Disziplinarverfahren und Beschwerdeverfahren
errichten.
(5) Für Strafverfahren auf den folgenden Gebieten kann ein
Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates vorsehen,
dass Gerichte der Länder Gerichtsbarkeit des Bundes ausüben:
1. Völkermord;
2. völkerstrafrechtliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit;
3. Kriegsverbrechen;
4. andere Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht
vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben
der Völker zu stören (Artikel 26 Abs. 1);
5. Staatsschutz.
Artikel 97
[Richterliche Unabhängigkeit]
(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.
(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten
Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher
Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen,
welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit
entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben
oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt
werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen,
bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter
in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung
der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes
Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden,
jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.
IX. Die Rechtsprechung 88
Artikel 98
[Rechtsstellung der Richter – Richteranklage]
(1) Die Rechtsstellung der Bundesrichter ist durch besonderes
Bundesgesetz zu regeln.
(2) Wenn ein Bundesrichter im Amte oder außerhalb des
Amtes gegen die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen
die verfassungsmäßige Ordnung eines Landes verstößt, so
kann das Bundesverfassungsgericht mit Zweidrittelmehrheit
auf Antrag des Bundestages anordnen, dass der Richter
in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen ist.
Im Falle eines vorsätzlichen Verstoßes kann auf Entlassung
erkannt werden.
(3) Die Rechtsstellung der Richter in den Ländern ist durch besondere
Landesgesetze zu regeln, soweit Artikel 74 Abs. 1
Nr. 27 nichts anderes bestimmt.
(4) Die Länder können bestimmen, dass über die Anstellung
der Richter in den Ländern der Landesjustizminister gemeinsam
mit einem Richterwahlausschuss entscheidet.
(5) Die Länder können für Landesrichter eine Absatz 2 entsprechende
Regelung treffen. Geltendes Landesverfassungsrecht
bleibt unberührt. Die Entscheidung über eine Richteranklage
steht dem Bundesverfassungsgericht zu.
Artikel 99
[Verfassungsstreit innerhalb eines Landes]
Dem Bundesverfassungsgerichte kann durch Landesgesetz
die Entscheidung von Verfassungsstreitigkeiten innerhalb
eines Landes, den in Artikel 95 Abs. 1 genannten obersten
Gerichtshöfen für den letzten Rechtszug die Entscheidung
in solchen Sachen zugewiesen werden, bei denen es sich
um die Anwendung von Landesrecht handelt.
Artikel 100
[Konkrete Normenkontrolle]
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der
Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das
Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung
des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes
des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses
Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich
um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht
oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit
einem Bundesgesetz handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des
Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie
unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt
(Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung
des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
oder des Verfassungsgerichtes eines anderen
Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
Artikel 101
[Unzulässigkeit von Ausnahmegerichten]
(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem
gesetzlichen Richter entzogen werden.
(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch
Gesetz errichtet werden.
Artikel 102
[Abschaffung der Todesstrafe]
Die Todesstrafe ist abgeschafft.
Artikel 103
[Grundrechte vor Gericht]
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit
gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen
Strafgesetze mehrmals bestraft werden.
IX. Die Rechtsprechung 90
Artikel 104
[Freiheitsentziehung]
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen
Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen
Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen
dürfen weder seelisch noch körperlich misshandelt
werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung
hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht
auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung
ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen.
Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit
niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach
dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere
ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig
g Fest genommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme
dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der
Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit
zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat
unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen
schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung
anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung
oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich
ein Angehöriger des Fest gehaltenen oder eine Person seines
Vertrauens zu benachrichtigen.
IX. Die Rechtsprechung 91
X.
Das Finanzwesen
92
Artikel 104 a
[Ausgabenzuständigkeit – Finanzwesen – Haftung]
(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben,
die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben,
soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.
(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der
Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.
(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den
Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, dass die
Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen
werden. Bestimmt das Gesetz, dass der Bund die Hälfte der
Ausgaben oder mehr trägt, wird es im Auftrage des Bundes
durchgeführt.
(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung
von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren
Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen
und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach
Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden,
bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus
entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind.
(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden
entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis
zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das
Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf.
(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständigkeits-
und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung
von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen
Deutschlands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen
der Europäischen Union tragen Bund und
Länder diese Lasten im Verhältnis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit
trägt in diesen Fällen solidarisch 35 vom Hundert
der Gesamtlasten entsprechend einem allgemeinen Schlüssel;
50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen die Länder,
die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend der
Höhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
X. Das Finanzwesen 93
Artikel 104 b
[Finanzhilfen für Investitionen]
(1) Der Bund kann, soweit dieses Grundgesetz ihm Gesetzgebungsbefugnisse
verleiht, den Ländern Finanzhilfen für
besonders bedeutsame Investitionen der Länder und der
Gemeinden (Gemeindeverbände) gewähren, die
1. zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts oder
2. zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im
Bundesgebiet oder
3. zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums
erforderlich sind. Abweichend von Satz 1 kann der Bund
im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen
Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen,
auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen
gewähren.
(2) Das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen,
wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes
durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Die
Mittel sind befristet zu gewähren und hinsichtlich ihrer
Verwendung in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen.
Die Finanzhilfen sind im Zeitablauf mit fallenden Jahresbeträgen
zu gestalten.
(3) Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat sind auf Verlangen
über die Durchführung der Maßnahmen und die
erzielten Verbesserungen zu unterrichten.
Artikel 105
[Zuständigkeitsverteilung in der Steuergesetzgebung]
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die
Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die
übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern
ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des
Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
X. Das Finanzwesen 94
(2 a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die
örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit
sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig
sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des
Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern
oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder
zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Artikel 106
[Verteilung des Steueraufkommens und des Ertrages der
Finanzmonopole]
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der
folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
1. die Zölle,
2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2
den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam
oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3. die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer
und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene
Verkehrssteuern,
4. die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und
die Wechsel steuer,
5. die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung
des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6. die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur
Körperschaft steuer,
7. Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den
Ländern zu:
1. die Vermögensteuer,
2. die Erbschaftsteuer,
3. die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem
Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam
zustehen,
X. Das Finanzwesen 95
4. die Biersteuer,
5. die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer
und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern
gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen
der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das
Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5 a den
Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer
und der Körperschaftsteuer sind der Bund und
die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und
Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei
der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
1. Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund
und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer
notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der
Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehr jährigen
Finanzplanung zu ermitteln.
2. Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder
sind so aufeinander abzustimmen, dass ein billiger Ausgleich
erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen
vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse
im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund
und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen
einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung
von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen.
Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer
sind neu fest zusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen
den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder
wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die
nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt.
Werden den Ländern durch Bundesgesetz
zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Ein nahmen entzogen,
so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen
des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf
einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die
Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen
und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen
der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden
auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf. Es kann bestimmen, dass die Gemeinden
Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(5 a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil
an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den
Ländern auf der Grundlage eines Orts- und wirtschaftsbezogenen
Schlüssels an ihre Gemeinden weiter geleitet.
Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, bestimmt.
(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht
den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und
Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe
der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu.
Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze
der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze
festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so
steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer
sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem
Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an
dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das
Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das
der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der
Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer
sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer
und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender
Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung,
ob und inwieweit das Aufkommen der
Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden)
zufließt.
(8) Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden
(Gemeinde verbänden) besondere Einrichtungen, die diesen
Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar
Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen)
verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen
Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden
(Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die
Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen
Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden
(Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen
erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses
Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden
(Gemeindeverbände).
Artikel 106 a
[Steueranteil für öffentlichen Personennahverkehr]
Den Ländern steht ab 1. Januar 1996 für den öffentlichen
Personennahverkehr ein Betrag aus dem Steueraufkommen
des Bundes zu. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das
der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Der Betrag nach
Satz 1 bleibt bei der Bemessung der Finanzkraft nach
Artikel 107 Abs. 2 unberücksichtigt.
Artikel 106 b
[Länderanteil an der Kraftfahrzeugsteuer]
Den Ländern steht ab dem 1. Juli 2009 infolge der Übertragung
der Kraftfahrzeugsteuer auf den Bund ein Betrag aus
dem Steueraufkommen des Bundes zu. Das Nähere regelt
ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf.
X. Das Finanzwesen 98
Artikel 107
[Steuerertragsverteilung – Länderfinanzausgleich –
Ergänzungszuweisungen]
(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil
am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer
stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als
die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt
werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für
die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen
über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang
der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das
Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und
Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen.
Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer
steht den einzelnen Ländern nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl
zu; für einen Teil, höchstens jedoch für ein Viertel
dieses Länderanteils, können durch Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, Ergänzungsanteile
für die Länder vorgesehen werden, deren Einnahmen aus
den Landessteuern, aus der Einkommensteuer und der
Körperschaftsteuer und nach Artikel 106 b je Einwohner
unter dem Durchschnitt der Länder liegen; bei der Grunderwerb
steuer ist die Steuerkraft einzubeziehen.
(2) Durch das Gesetz ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche
Finanz kraft der Länder angemessen ausgeglichen
wird; hierbei sind die Finanz kraft und der Finanzbedarf
der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berück sichtigen.
Die Voraussetzungen für die Ausgleichsansprüche der ausgleichsberechtigten Länder und für die Ausgleichsverbindlichkeiten
der ausgleichspflichtigen Länder sowie die Maßstäbe
für die Höhe der Ausgleichsleistungen sind in dem
Gesetz zu bestimmen. Es kann auch bestimmen, dass der
Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen
Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt.
Artikel 108
[Bundes- und Landesfinanzverwaltung –
Finanzgerichtsbarkeit]
(1) Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten
Verbrauch steuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer,
die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel
bezogene Verkehrsteuern ab dem 1. Juli 2009
sowie die Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften
werden durch Bundesfinanzbehörden verwaltet.
Der Aufbau dieser Behörden wird durch Bundesgesetz
geregelt. Soweit Mittelbehörden eingerichtet sind, werden
deren Leiter im Benehmen mit den Landesregierungen
bestellt.
(2) Die übrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehörden
verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden und die einheitliche
Ausbildung der Beamten können durch Bundesgesetz mit
Zustimmung des Bundesrates geregelt werden. Soweit
Mittelbehörden eingerichtet sind, werden deren Leiter im
Ein vernehmen mit der Bundesregierung bestellt.
(3) Verwalten die Landesfinanzbehörden Steuern, die ganz
oder zum Teil dem Bund zufließen, so werden sie im Auftrage
des Bundes tätig. Artikel 85 Abs. 3 und 4 gilt mit der
Maßgabe, dass an die Stelle der Bundesregierung der Bundesminister
der Finanzen tritt.
(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf, kann bei der Verwaltung von Steuern ein Zusammenwirken
von Bundes- und Landesfinanzbehörden sowie
für Steuern, die unter Absatz 1 fallen, die Verwaltung durch
Landesfinanzbehörden und für andere Steuern die Verwaltung
durch Bundesfinanzbehörden vorgesehen werden,
wenn und soweit dadurch der Vollzug der Steuergesetze
erheblich verbessert oder erleichtert wird. Für die den Gemeinden
(Gemeindeverbänden) allein zufließenden Steuern
kann die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung
durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden
(Gemeindeverbänden) über tragen werden.
(5) Das von den Bundesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren
wird durch Bundesgesetz geregelt. Das von den Landesfinanzbehörden und in den Fällen des Absatzes 4 Satz 2
von den Gemeinden (Gemeindeverbänden) anzuwendende
Verfahren kann durch Bundesgesetz mit Zustimmung des
Bundesrates geregelt werden.
(6) Die Finanzgerichtsbarkeit wird durch Bundesgesetz einheitlich
geregelt.
(7) Die Bundesregierung kann allgemeine Verwaltungsvorschriften
erlassen, und zwar mit Zustimmung des Bundesrates,
soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehörden
oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) obliegt.
Artikel 109
[Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern]
(1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig
und voneinander unabhängig.
(2) Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen
der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen
Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des
Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur
Einhaltung der Haushaltsdisziplin und tragen in diesem
Rahmen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts Rechnung.
(3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich
ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und
Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung
symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer
von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung
sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen
oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der
Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage
erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung
ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen.
Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt
des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen
ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom
X. Das Finanzwesen 101
Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt
nicht überschreiten. Die nähere Ausgestaltung für die
Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen
Kompetenzen mit der Maßgabe, dass
Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen
aus Krediten zugelassen werden.
(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf, können für Bund und Länder gemeinsam geltende
Grundsätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte
Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige
Finanzplanung aufgestellt werden.
(5) Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im
Zusammenhang mit den Bestimmungen in Artikel 104 des
Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur
Einhaltung der Haushaltsdisziplin tragen Bund und Länder
im Verhältnis 65 zu 35. Die Ländergesamtheit trägt solidarisch
35 vom Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten
entsprechend ihrer Einwohnerzahl; 65 vom Hundert
der auf die Länder entfallenden Lasten tragen die Länder
entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag. Das Nähere
regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf.
Artikel 109 a
[Haushaltsnotlagen]
Zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen regelt ein Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
1. die fortlaufende Überwachung der Haushaltswirtschaft
von Bund und Ländern durch ein gemeinsames
Gremium (Stabilitätsrat),
2. die Voraussetzungen und das Verfahren zur Feststellung
einer drohenden Haushaltsnotlage,
3. die Grundsätze zur Aufstellung und Durchführung
von Sanierungsprogrammen zur Vermeidung von
Haushaltsnotlagen.
Die Beschlüsse des Stabilitätsrats und die zugrunde
liegenden Beratungsunterlagen sind zu veröffentlichen.
X. Das Finanzwesen 102
Artikel 110
[Haushaltsplan]
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind in den
Haushaltsplan einzustellen; bei Bundesbetrieben und bei
Sondervermögen brauchen nur die Zuführungen oder die
Ablieferungen eingestellt zu werden. Der Haushaltsplan ist
in Einnahme und Ausgabe auszugleichen.
(2) Der Haushaltsplan wird für ein oder mehrere Rechnungsjahre,
nach Jahren getrennt, vor Beginn des ersten Rechnungsjahres
durch das Haushaltsgesetz festgestellt. Für
Teile des Haushaltsplanes kann vorgesehen werden, dass
sie für unterschiedliche Zeiträume, nach Rechnungsjahren
getrennt, gelten.
(3) Die Gesetzesvorlage nach Absatz 2 Satz 1 sowie Vorlagen zur
Änderung des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes
werden gleichzeitig mit der Zuleitung an den Bundesrat
beim Bundestage eingebracht; der Bundesrat ist berechtigt,
innerhalb von sechs Wochen, bei Änderungsvorlagen innerhalb
von drei Wochen, zu den Vorlagen Stellung zu nehmen.
(4) In das Haushaltsgesetz dürfen nur Vorschriften aufgenommen
werden, die sich auf die Einnahmen und die Ausgaben
des Bundes und auf den Zeit raum beziehen, für den das
Haushaltsgesetz beschlossen wird. Das Haushaltsgesetz kann
vorschreiben, dass die Vorschriften erst mit der Verkündung
des nächsten Haushaltsgesetzes oder bei Ermächtigung nach
Artikel 115 zu einem späteren Zeitpunkt außer Kraft treten.
Artikel 111
[Haushaltsvorgriff]
(1) Ist bis zum Schluss eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan
für das folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt, so
ist bis zu seinem Inkrafttreten die Bundesregierung ermächtigt,
alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind,
a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und
gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen,
b) um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des
Bundes zu erfüllen,
X. Das Finanzwesen 103
c) um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen
oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren,
sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres
bereits Beträge bewilligt worden sind.
(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnahmen
aus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder die Betriebsmittelrücklage
die Ausgaben unter Absatz 1 decken,
darf die Bundesregierung die zur Aufrechterhaltung der
Wirtschaftsführung erforderlichen Mittel bis zur Höhe eines
Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplanes
im Wege des Kredits flüssig machen.
Artikel 112
[Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben]
Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen
der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen. Sie
darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren
Bedürfnisses erteilt werden. Näheres kann durch
Bundesgesetz bestimmt werden.
Artikel 113
[Erhöhung der Ausgaben]
(1) Gesetze, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenen
Ausgaben des Haushaltsplanes erhöhen oder neue
Ausgaben in sich schließen oder für die Zukunft mit sich
bringen, bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung.
Das gleiche gilt für Gesetze, die Einnahmeminderungen in
sich schließen oder für die Zukunft mit sich bringen. Die
Bundesregierung kann verlangen, dass der Bundestag die
Beschlussfassung über solche Gesetze aussetzt. In diesem
Fall hat die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen
dem Bundestage eine Stellungnahme zuzuleiten.
(2) Die Bundesregierung kann innerhalb von vier Wochen,
nachdem der Bundestag das Gesetz beschlossen hat, verlangen,
dass der Bundestag erneut Beschluss fasst.
(3) Ist das Gesetz nach Artikel 78 zustande gekommen, kann
die Bundesregierung ihre Zustimmung nur innerhalb von
X. Das Finanzwesen 104
sechs Wochen und nur dann versagen, wenn sie vorher das
Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 und 4 oder nach Absatz 2
eingeleitet hat. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Zustimmung
als erteilt.
Artikel 114
[Rechnungslegung – Rechnungsprüfung]
(1) Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundestage und
dem Bundesrate über alle Einnahmen und Ausgaben sowie
über das Vermögen und die Schulden im Laufe des nächsten
Rechnungsjahres zur Entlastung der Bundesregierung
Rechnung zu legen.
(2) Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche
Unabhängigkeit besitzen, prüft die Rechnung sowie die
Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsund
Wirtschaftsführung. Er hat außer der Bundesregierung
unmittelbar dem Bundestage und dem Bundesrate jährlich
zu berichten. Im übrigen werden die Befugnisse des Bundesrechnungshofes
durch Bundesgesetz geregelt.
Artikel 115
[Grenzen der Kreditaufnahme]
(1) Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von
Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen,
die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen
können, bedürfen einer der Höhe nach bestimmten oder
bestimmbaren Ermächtigung durch Bundesgesetz.
(2) Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen
aus Krediten auszugleichen. Diesem Grundsatz ist entsprochen,
wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom
Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt
nicht überschreiten. Zusätzlich sind bei einer von der
Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung
die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung
symmetrisch zu berücksichtigen. Abweichungen
der tatsächlichen Kreditaufnahme von der nach den Sätzen
1 bis 3 zulässigen Kreditobergrenze werden auf einem Kontrollkonto erfasst; Belastungen, die den Schwellenwert von
1,5 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt
überschreiten, sind konjunkturgerecht zurückzuführen.
Näheres, insbesondere die Bereinigung der
Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen
und das Verfahren zur Berechnung der Obergrenze der jährlichen
Nettokreditaufnahme unter Berücksichtigung der
konjunkturellen Entwicklung auf der Grundlage eines Konjunkturbereinigungsverfahrens
sowie die Kontrolle und den
Ausgleich von Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme
von der Regelgrenze, regelt ein Bundesgesetz. Im
Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen,
die sich der Kontrolle des Staates entziehen
und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen,
können diese Kreditobergrenzen auf Grund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages über schritten
werden. Der Beschluss ist mit einem Tilgungsplan zu
verbinden. Die Rückführung der nach Satz 6 aufgenommenen
Kredite hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zu
erfolgen.
Artikel 115 a
[Feststellung des Verteidigungsfalls]
(1) Die Feststellung, dass das Bundesgebiet mit Waffengewalt
angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht
(Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung
des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der
Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln
der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit
der Mitglieder des Bundestages.
(2) Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln und
stehen einem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages
unüberwindliche Hindernisse entgegen oder ist er nicht
beschlussfähig, so trifft der Gemeinsame Ausschuss diese
Feststellung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der
ab gegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit seiner
Mitglieder.
(3) Die Feststellung wird vom Bundespräsidenten gemäß Artikel
82 im Bundesgesetzblatte verkündet. Ist dies nicht
rechtzeitig möglich, so erfolgt die Verkündung in anderer
Weise; sie ist im Bundesgesetzblatte nachzuholen, sobald
die Umstände es zulassen.
(4) Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen und
sind die zu ständigen Bundesorgane außerstande, sofort die
Feststellung nach Absatz 1 Satz 1 zu treffen, so gilt diese
Feststellung als getroffen und als zu dem Zeitpunkt verkündet,
in dem der Angriff begonnen hat. Der Bundespräsident
gibt diesen Zeitpunkt bekannt, sobald die Umstände es
zulassen.
(5) Ist die Feststellung des Verteidigungsfalles verkündet und
wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen, so
kann der Bundespräsident völkerrechtliche Erklärungen
über das Bestehen des Verteidigungsfalles mit Zustimmung
des Bundestages abgeben. Unter den Voraussetzungen des
Absatzes 2 tritt an die Stelle des Bundestages der Gemeinsame
Ausschuss.
X a. Verteidigungsfall 108
Artikel 115 b
[Kommandogewalt des Bundeskanzlers]
Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls-
und Kommandogewalt über die Streitkräfte auf den
Bundeskanzler über.
Artikel 115 c
[Erweiterung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes]
(1) Der Bund hat für den Verteidigungsfall das Recht der konkurrierenden
Gesetzgebung auch auf den Sachgebieten, die
zur Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gehören. Diese
Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(2) Soweit es die Verhältnisse während des Verteidigungsfalles
erfordern, kann durch Bundesgesetz für den Verteidigungsfall
1. bei Enteignungen abweichend von Artikel 14 Abs. 3
Satz 2 die Entschädigung vorläufig geregelt werden,
2. für Freiheitsentziehungen eine von Artikel 104 Abs. 2
Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 abweichende Frist, höchstens
jedoch eine solche von vier Tagen, für den Fall festgesetzt
werden, dass ein Richter nicht innerhalb der für
Normalzeiten geltenden Frist tätig werden konnte.
(3) Soweit es zur Abwehr eines gegenwärtigen oder unmittelbar
drohen den Angriffs erforderlich ist, kann für den Verteidigungsfall
durch Bundesgesetz mit Zustimmung des
Bundesrates die Verwaltung und das Finanzwesen des
Bundes und der Länder abweichend von den Abschnitten
VIII, VIII a und X geregelt werden, wobei die Lebensfähigkeit
der Länder, Gemein den und Gemeindeverbände, insbesondere
auch in finanzieller Hinsicht, zu wahren ist.
(4) Bundesgesetze nach den Absätzen 1 und 2 Nr. 1 dürfen zur
Vorbereitung ihres Vollzuges schon vor Eintritt des Verteidigungsfalles
angewandt werden.
Artikel 115 d
[Dringliche Gesetzesvorlagen]
(1) Für die Gesetzgebung des Bundes gilt im Verteidigungsfalle
abweichend von Artikel 76 Abs. 2, Artikel 77 Abs. 1 Satz 2
X a. Verteidigungsfall 109
und Abs. 2 bis 4, Artikel 78 und Artikel 82 Abs. 1 die Regelung
der Absätze 2 und 3.
(2) Gesetzesvorlagen der Bundesregierung, die sie als dringlich
bezeichnet, sind gleichzeitig mit der Einbringung beim
Bundestage dem Bundesrate zuzuleiten. Bundestag und
Bundesrat beraten diese Vorlagen unverzüglich gemeinsam.
Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates
erforderlich ist, bedarf es zum Zustandekommen des Gesetzes
der Zustimmung der Mehrheit seiner Stimmen. Das
Nähere regelt eine Geschäftsordnung, die vom Bundestage
beschlossen wird und der Zustimmung des Bundesrates
bedarf.
(3) Für die Verkündung der Gesetze gilt Artikel 115 a Abs. 3
Satz 2 entsprechend.
Artikel 115 e
[Gemeinsamer Ausschuss]
(1) Stellt der Gemeinsame Ausschuss im Verteidigungsfalle mit
einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen,
mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder fest,
dass dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche
Hindernisse entgegenstehen oder dass dieser
nicht beschlussfähig ist, so hat der Gemeinsame Ausschuss
die Stellung von Bundestag und Bundesrat und nimmt
deren Rechte einheitlich wahr.
(2) Durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses darf das
Grundgesetz weder geändert noch ganz oder teilweise außer
Kraft oder außer Anwendung gesetzt werden. Zum Erlass von Gesetzen nach Artikel 23 Abs. 1 Satz 2, Artikel 24
Abs. 1 oder Artikel 29 ist der Gemeinsame Ausschuss nicht
befugt.
Artikel 115 f
[Einsatz des Bundesgrenzschutzes – Erweiterte
Weisungsbefugnis]
(1) Die Bundesregierung kann im Verteidigungsfalle, soweit
es die Verhältnisse erfordern,
X a. Verteidigungsfall 110
1. den Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiete
einsetzen;
2. außer der Bundesverwaltung auch den Landesregierungen
und, wenn sie es für dringlich erachtet, den
Landesbehörden Weisungen erteilen und diese Befugnis
auf von ihr zu bestimmende Mitglieder der Landesregierungen
übertragen.
(2) Bundestag, Bundesrat und der Gemeinsame Ausschuss sind
unverzüglich von den nach Absatz 1 getroffenen Maßnahmen
zu unterrichten.
Artikel 115 g
[Bundesverfassungsgericht]
Die verfassungsmäßige Stellung und die Erfüllung der verfassungsmäßigen
Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtes
und seiner Richter dürfen nicht beeinträchtigt werden. Das
Gesetz über das Bundesverfassungsgericht darf durch ein
Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses nur insoweit geändert
werden, als dies auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes
zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit
des Gerichtes erforderlich ist. Bis zum Erlass eines
solchen Gesetzes kann das Bundesverfassungsgericht die
zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Gerichtes erforderlichen
Maßnahmen treffen. Beschlüsse nach Satz 2 und
Satz 3 fasst das Bundesverfassungsgericht mit der Mehrheit
der anwesenden Richter.
Artikel 115 h
[Ablaufende Wahlperioden und Amtszeiten]
(1) Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden
des Bundestages oder der Volksvertretungen der Länder
enden sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.
Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit des
Bundespräsidenten sowie bei vorzeitiger Erledigung seines
Amtes die Wahrnehmung seiner Befugnisse durch den Präsidenten
des Bundesrates enden neun Monate nach Beendigung
des Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalle
ablaufende Amtszeit eines Mitgliedes des Bundesverfassungsgerichtes endet sechs Monate nach Beendigung
des Verteidigungsfalles.
(2) Wird eine Neuwahl des Bundeskanzlers durch den Gemeinsamen
Ausschuss erforderlich, so wählt dieser einen neuen
Bundeskanzler mit der Mehrheit seiner Mitglieder; der
Bundespräsident macht dem Gemeinsamen Ausschuss
einen Vorschlag. Der Gemeinsame Ausschuss kann dem
Bundeskanzler das Misstrauen nur dadurch aussprechen,
dass er mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder
einen Nachfolger wählt.
(3) Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Auflösung des
Bundestages ausgeschlossen.
Artikel 115 i
[Maßnahmenbefugnis der Landesregierungen]
(1) Sind die zuständigen Bundesorgane außerstande, die notwendigen
Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr zu treffen,
und erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges selbständiges
Handeln in einzelnen Teilen des Bundesgebietes, so
sind die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten
Behörden oder Beauftragten befugt, für ihren Zuständigkeitsbereich Maßnahmen im Sinne des Artikels 115 f Abs. 1
zu treffen.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 können durch die Bundesregierung,
im Verhältnis zu Landesbehörden und nachgeordneten
Bundesbehörden auch durch die Ministerpräsidenten
der Länder, jederzeit aufgehoben werden.
Artikel 115 k
[Rang und Geltungsdauer von Notstandsbestimmungen]
(1) Für die Dauer ihrer Anwendbarkeit setzen Gesetze nach
den Artikeln 115 c, 115 e und 115 g und Rechtsverordnungen,
die auf Grund solcher Gesetze ergehen, entgegenstehendes
Recht außer Anwendung. Dies gilt nicht gegenüber
früherem Recht, das auf Grund der Artikel 115 c, 115 e
und 115 g erlassen worden ist.
(2) Gesetze, die der Gemeinsame Ausschuss beschlossen hat,
und Rechtsverordnungen, die auf Grund solcher Gesetze
ergangen sind, treten spätestens sechs Monate nach Beendigung
des Verteidigungsfalles außer Kraft.
(3) Gesetze, die von den Artikeln 91 a, 91 b, 104 a, 106 und
107 abweichen de Regelungen enthalten, gelten längstens
bis zum Ende des zweiten Rechnungsjahres, das auf die
Beendigung des Verteidigungsfalles folgt. Sie können nach
Beendigung des Verteidigungsfalles durch Bundesgesetz
mit Zustimmung des Bundesrates geändert werden, um zu
der Regelung gemäß den Abschnitten VIII a und X überzuleiten.
Artikel 115 l
[Aufhebung außerordentlicher Maßnahmen –
Friedensschluss]
(1) Der Bundestag kann jederzeit mit Zustimmung des Bundesrates
Gesetze des Gemeinsamen Ausschusses aufheben. Der
Bundesrat kann verlangen, dass der Bundestag hierüber beschließt.
Sonstige zur Abwehr der Gefahr getroffene Maßnahmen
des Gemeinsamen Ausschusses oder der Bundesregierung
sind aufzuheben, wenn der Bundestag und der
Bundesrat es beschließen.
(2) Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates
jederzeit durch einen vom Bundespräsidenten zu verkündenden
Beschluss den Verteidigungsfall für beendet erklären.
Der Bundesrat kann verlangen, dass der Bundestag
hierüber beschließt. Der Verteidigungsfall ist unverzüglich
für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen für
seine Feststellung nicht mehr gegeben sind.
(3) Über den Friedensschluss wird durch Bundesgesetz entschieden.
X a. Verteidigungsfall 113
XI.
Übergangs- und Schlussbestimmungen
114
Artikel 116
[Begriff »Deutscher« – Wiedereinbürgerung]
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich
anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche
Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener
deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte
oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches
nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden
hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem
30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit
aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen
entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf
Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert,
sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in
Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten
Willen zum Ausdruck gebracht haben.
Artikel 117
[Aussetzung des Inkrafttretens zweier Grundrechte]
(1) Das dem Artikel 3 Abs. 2 entgegenstehende Recht bleibt
bis zu seiner Anpassung an diese Bestimmung des Grundgesetzes
in Kraft, jedoch nicht länger als bis zum 31. März
1953.
(2) Gesetze, die das Recht der Freizügigkeit mit Rücksicht auf
die gegenwärtige Raumnot einschränken, bleiben bis zu
ihrer Aufhebung durch Bundesgesetz in Kraft.
Artikel 118
[Neugliederung von Baden und Württemberg]
Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-
Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete
kann abweichend von den Vorschriften des Artikels
29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen.
Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die
Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine
Volksbefragung vorsehen muss.
XI. Übergangs- und Schlussbestimmungen 115
Artikel 118 a
[Neugliederung von Berlin und Brandenburg]
Die Neugliederung in dem die Länder Berlin und Brandenburg
umfassen den Gebiet kann abweichend von den Vorschriften
des Artikels 29 unter Beteiligung ihrer Wahlberechtigten
durch Vereinbarung beider Länder erfolgen.
Artikel 119
[Flüchtlinge und Vertriebene]
In Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen, insbesondere
zu ihrer Verteilung auf die Länder, kann bis zu
einer bundesgesetzlichen Regelung die Bundesregierung
mit Zustimmung des Bundesrates Verordnungen mit Gesetzeskraft
erlassen. Für besondere Fälle kann dabei die Bundesregierung ermächtigt werden, Einzelweisungen zu erteilen.
Die Weisungen sind außer bei Gefahr im Verzuge an die
obersten Landesbehörden zu richten.
Artikel 120
[Besatzungskosten – Kriegsfolgelasten]
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen für Besatzungskosten
und die sonstigen inneren und äußeren Kriegsfolgelasten
nach näherer Bestimmung von Bundesgesetzen. Soweit diese
Kriegsfolgelasten bis zum 1. Oktober 1969 durch Bundesgesetze
geregelt worden sind, tragen Bund und Länder
im Verhältnis zueinander die Aufwendungen nach Maßgabe
dieser Bundesgesetze. Soweit Aufwendungen für Kriegsfolgelasten,
die in Bundesgesetzen weder geregelt worden
sind noch geregelt werden, bis zum 1. Oktober 1965 von
den Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Aufgabenträgern, die Aufgaben von Ländern oder
Gemeinden erfüllen, erbracht worden sind, ist der Bund
zur Übernahme von Aufwendungen dieser Art auch nach
diesem Zeitpunkt nicht verpflichtet. Der Bund trägt die
Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung mit Einschluss
der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenhilfe.
Die durch diesen Absatz geregelte Verteilung der
XI. Übergangs- und Schlussbestimmungen 116
Kriegsfolgelasten auf Bund und Länder lässt die gesetzliche
Regelung von Entschädigungsansprüchen für Kriegsfolgen
unberührt.
(2) Die Einnahmen gehen auf den Bund zu demselben Zeitpunkt
über, an dem der Bund die Ausgaben übernimmt.
Artikel 120 a
[Lastenausgleich]
(1) Die Gesetze, die der Durchführung des Lastenausgleichs
dienen, können mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen,
dass sie auf dem Gebiete der Ausgleichsleistungen
teils durch den Bund, teils im Auftrage des Bundes durch
die Länder ausgeführt werden und dass die der Bundesregierung
und den zuständigen obersten Bundesbehörden auf
Grund des Artikels 85 insoweit zustehenden Befugnisse
ganz oder teilweise dem Bundesaus gleichsamt übertragen
werden. Das Bundesausgleichsamt bedarf bei Ausübung
dieser Befugnisse nicht der Zustimmung des Bundesrates;
seine Weisungen sind, abgesehen von den Fällen der Dringlichkeit,
an die obersten Landesbehörden (Landesausgleichsämter)
zu richten.
(2) Artikel 87 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.
Artikel 121
[Begriff »Mehrheit der Mitglieder«]
Mehrheit der Mitglieder des Bundestages und der Bundesversammlung
im Sinne dieses Grundgesetzes ist die Mehrheit
ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl.
Artikel 122
[Zeitpunkt der Überleitung der Gesetzgebung]
(1) Vom Zusammentritt des Bundestages an werden die Gesetze
aus schließlich von den in diesem Grundgesetze anerkannten
gesetzgebenden Gewalten beschlossen.
(2) Gesetzgebende und bei der Gesetzgebung beratend mitwirkende
Körperschaften, deren Zuständigkeit nach Absatz 1
endet, sind mit diesem Zeitpunkt aufgelöst.
Artikel 123
[Fortgelten bisherigen Rechts]
(1) Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestages
gilt fort, soweit es dem Grundgesetze nicht widerspricht.
(2) Die vom Deutschen Reich abgeschlossenen Staatsverträge,
die sich auf Gegenstände beziehen, für die nach diesem
Grundgesetze die Landesgesetzgebung zuständig ist, bleiben,
wenn sie nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen gültig
sind und fortgelten, unter Vorbehalt aller Rechte und
Einwendungen der Beteiligten in Kraft, bis neue Staatsverträge
durch die nach diesem Grundgesetze zuständigen
Stellen abgeschlossen werden oder ihre Beendigung auf
Grund der in ihnen enthaltenen Bestimmungen anderweitig
erfolgt.
Artikel 124
[Fortgeltendes Recht der ausschließlichen Gesetzgebung]
Recht, das Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung
des Bundes betrifft, wird innerhalb seines Geltungsbereiches
Bundesrecht.
Artikel 125
[Fortgeltendes Recht der konkurrierenden Gesetzgebung]
Recht, das Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung
des Bundes betrifft, wird innerhalb seines Geltungsbereiches
Bundesrecht,
1. soweit es innerhalb einer oder mehrerer Besatzungszonen
einheitlich gilt,
2. soweit es sich um Recht handelt, durch das nach dem
8. Mai 1945 früheres Reichsrecht abgeändert worden ist.
Artikel 125 a
[Fortgelten von Bundesrecht – Ersetzung durch
Landesrecht]
(1) Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen
der Änderung des Artikels 74 Abs. 1, der Einfügung des Artikels
84 Abs. 1 Satz 7, des Artikels 85 Abs. 1 Satz 2 oder
des Artikels 105 Abs. 2 a Satz 2 oder wegen der Aufhebung
der Artikel 74 a, 75 oder 98 Abs. 3 Satz 2 nicht mehr als
Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht
fort. Es kann durch Landesrecht ersetzt werden.
(2) Recht, das auf Grund des Artikels 72 Abs. 2 in der bis zum
15. November 1994 geltenden Fassung erlassen worden ist,
aber wegen Änderung des Artikels 72 Abs. 2 nicht mehr als
Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht
fort. Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, dass es
durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(3) Recht, das als Landesrecht erlassen worden ist, aber wegen
Änderung des Artikels 73 nicht mehr als Landesrecht erlassen
werden könnte, gilt als Landesrecht fort. Es kann durch
Bundesrecht ersetzt werden.
Artikel 125 b
[Fortgelten von Rahmengesetzen – Abweichungsbefugnis
der Länder]
(1) Recht, das auf Grund des Artikels 75 in der bis zum 1. September
2006 geltenden Fassung erlassen worden ist und
das auch nach diesem Zeitpunkt als Bundesrecht erlassen
werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Befugnisse und
Verpflichtungen der Länder zur Gesetzgebung bleiben
insoweit bestehen. Auf den in Artikel 72 Abs. 3 Satz 1
genannten Gebieten können die Länder von diesem Recht
abweichende Regelungen treffen, auf den Gebieten des
Artikels 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 5 und 6 jedoch erst, wenn
und soweit der Bund ab dem 1. September 2006 von
seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat,
in den Fällen der Nummern 2 und 5 spätestens ab dem
1. Januar 2010, im Falle der Nummer 6 spätestens ab dem
1. August 2008.
(2) Von bundesgesetzlichen Regelungen, die auf Grund des
Artikels 84 Abs. 1 in der vor dem 1. September 2006 geltenden
Fassung erlassen worden sind, können die Länder abweichende
Regelungen treffen, von Regelungen des Verwaltungsverfahrens
bis zum 31. Dezember 2008 aber nur dann,
wenn ab dem 1. September 2006 in dem jeweiligen Bundesgesetz
Regelungen des Verwaltungsverfahrens geändert
worden sind.
Artikel 125 c
[Fortgelten von Recht aus dem Bereich der
Gemeinschaftsaufgaben]
(1) Recht, das auf Grund des Artikels 91 a Abs. 2 in Verbindung
mit Abs. 1 Nr. 1 in der bis zum 1. September 2006 geltenden
Fassung erlassen worden ist, gilt bis zum 31. Dezember
2006 fort.
(2) Die nach Artikel 104 a Abs. 4 in der bis zum 1. September
2006 geltenden Fassung in den Bereichen der Gemeindeverkehrsfinanzierung und der sozialen Wohnraumförderung
geschaffenen Regelungen gelten bis zum 31. Dezember
2006 fort. Die im Bereich der Gemeindeverkehrsfinanzierung
für die besonderen Programme nach § 6 Abs. 1 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes sowie die sonstigen
nach Artikel 104 a Abs. 4 in der bis zum 1. September 2006
geltenden Fassung geschaffenen Regelungen gelten bis zum
31. Dezember 2019 fort, soweit nicht ein früherer Zeitpunkt
für das Außerkrafttreten bestimmt ist oder wird.
Artikel 126
[Entscheidung über Fortgelten von Recht als Bundesrecht]
Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht
als Bundesrecht entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
Artikel 127
[Rechtsangleichung in der französischen Zone und in Berlin]
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung der Regierungen
der beteiligten Länder Recht der Verwaltung des
Vereinigten Wirtschaftsgebietes, soweit es nach Artikel 124
oder 125 als Bundesrecht fort gilt, innerhalb eines Jahres
nach Verkündung dieses Grundgesetzes in den Ländern
Baden, Groß-Berlin, Rheinland-Pfalz und Württemberg-
Hohenzollern in Kraft setzen.
Artikel 128
[Fortgeltende Weisungsrechte]
Soweit fortgeltendes Recht Weisungsrechte im Sinne des
Artikels 84 Abs. 5 vorsieht, bleiben sie bis zu einer anderweitigen
gesetzlichen Regelung bestehen.
Artikel 129
[Ermächtigungen in fortgeltendem Recht]
(1) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Bundesrecht fortgelten,
eine Ermächtigung zum Erlasse von Rechtsverordnungen
oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie
zur Vornahme von Verwaltungsakten enthalten ist, geht
sie auf die nunmehr sachlich zuständigen Stellen über. In
Zweifels fällen entscheidet die Bundesregierung im Einvernehmen
mit dem Bundes rate; die Entscheidung ist zu
veröffentlichen.
(2) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Landesrecht fortgelten,
eine solche Ermächtigung enthalten ist, wird sie von
den nach Landesrecht zuständigen Stellen ausgeübt.
(3) Soweit Rechtsvorschriften im Sinne der Absätze 1 und 2
zu ihrer Änderung oder Ergänzung oder zum Erlass von
Rechtsvorschriften an Stelle von Gesetzen ermächtigen,
sind diese Ermächtigungen erloschen.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten entsprechend,
soweit in Rechtsvorschriften auf nicht mehr geltende Vorschriften
oder nicht mehr bestehende Einrichtungen verwiesen
ist.
Artikel 130
[Übernahme bestehender Verwaltungseinrichtungen]
(1) Verwaltungsorgane und sonstige der öffentlichen Verwaltung
oder Rechtspflege dienende Einrichtungen, die nicht
auf Landesrecht oder Staatsverträgen zwischen Ländern
beruhen, sowie die Betriebsvereinigung der südwestdeutschen
Eisenbahnen und der Verwaltungsrat für das Post -
und Fernmeldewesen für das französische Besatzungsgebiet
unterstehen der Bundesregierung. Diese regelt mit Zustimmung des Bundesrates die Überführung, Auflösung oder
Abwicklung.
(2) Oberster Disziplinarvorgesetzter der Angehörigen dieser
Verwaltungen und Einrichtungen ist der zuständige Bundesminister.
(3) Nicht landesunmittelbare und nicht auf Staatsverträgen
zwischen den Ländern beruhende Körperschaften und Anstalten
des öffentlichen Rechtes unterstehen der Aufsicht
der zuständigen obersten Bundesbehörde.
Artikel 131
[Ehemalige Angehörige des öffentlichen Dienstes]
Die Rechtsverhältnisse von Personen einschließlich der
Flüchtlinge und Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 im
öffentlichen Dienste standen, aus anderen als beamten- oder
tarifrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher
nicht oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend
verwendet werden, sind durch Bundesgesetz zu regeln.
Entsprechendes gilt für Personen einschließlich der Flüchtlinge
und Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 versorgungsberechtigt
waren und aus anderen als beamten- oder
tarifrechtlichen Gründen keine oder keine entsprechende
Versorgung mehr erhalten. Bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes
können vorbehaltlich anderweitiger landesrechtlicher
Regelung Rechtsansprüche nicht geltend
gemacht werden.
Artikel 132
[Pensionierung von Beamten]
(1) Beamte und Richter, die im Zeitpunkte des Inkrafttretens
dieses Grundgesetzes auf Lebenszeit angestellt sind, können
binnen sechs Monaten nach dem ersten Zusammentritt
des Bundestages in den Ruhestand oder Warte stand oder
in ein Amt mit niedrigerem Diensteinkommen versetzt werden,
wenn ihnen die persönliche oder fachliche Eignung
für ihr Amt fehlt. Auf Angestellte, die in einem unkündbaren
Dienstverhältnis stehen, findet diese Vorschrift entsprechende Anwendung. Bei Angestellten, deren Dienstverhältnis
kündbar ist, können über die tarifmäßige Regelung
hinausgehende Kündigungsfristen innerhalb der gleichen
Frist aufgehoben werden.
(2) Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Angehörige
des öffentlichen Dienstes, die von den Vorschriften über
die »Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus«
nicht betroffen oder die anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismus
sind, sofern nicht ein wichtiger Grund in ihrer
Person vorliegt.
(3) Den Betroffenen steht der Rechtsweg gemäß Artikel 19
Abs. 4 offen.
(4) Das Nähere bestimmt eine Verordnung der Bundesregierung,
die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Artikel 133
[Rechtsnachfolge der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes]
Der Bund tritt in die Rechte und Pflichten der Verwaltung
des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ein.
Artikel 134
[Überleitung des Reichsvermögens]
(1) Das Vermögen des Reiches wird grundsätzlich Bundesvermögen.
(2) Soweit es nach seiner ursprünglichen Zweckbestimmung
überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die
nach diesem Grundgesetze nicht Verwaltungsaufgaben des
Bundes sind, ist es unentgeltlich auf die nunmehr zuständigen
Aufgabenträger und, soweit es nach seiner gegenwärtigen,
nicht nur vorübergehenden Benutzung Verwaltungsaufgaben
dient, die nach diesem Grundgesetze nunmehr
von den Ländern zu erfüllen sind, auf die Länder zu übertragen.
Der Bund kann auch sonstiges Vermögen den Ländern
übertragen.
(3) Vermögen, das dem Reich von den Ländern und Gemeinden
(Gemeindeverbänden) unentgeltlich zur Verfügung
gestellt wurde, wird wiederum Vermögen der Länder und
Gemeinden (Gemeindeverbände), soweit es nicht der Bund
für eigene Verwaltungsaufgaben benötigt.
(4) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf.
Artikel 135
[Vermögensregelung bei Wechsel der Landeszugehörigkeit]
(1) Hat sich nach dem 8. Mai 1945 bis zum Inkrafttreten dieses
Grundgesetzes die Landeszugehörigkeit eines Gebietes
geändert, so steht in diesem Gebiete das Vermögen des Landes,
dem das Gebiet angehört hat, dem Lande zu, dem es
jetzt angehört.
(2) Das Vermögen nicht mehr bestehender Länder und nicht
mehr bestehender anderer Körperschaften und Anstalten
des öffentlichen Rechtes geht, soweit es nach seiner ursprünglichen
Zweckbestimmung überwiegend für Verwaltungsaufgaben
bestimmt war, oder nach seiner gegenwärtigen,
nicht nur vorübergehenden Benutzung überwiegend
Verwaltungsaufgaben dient, auf das Land oder die Körperschaft
oder Anstalt des öffentlichen Rechtes über, die nunmehr
diese Aufgaben erfüllen.
(3) Grundvermögen nicht mehr bestehender Länder geht einschließlich
des Zubehörs, soweit es nicht bereits zu Vermögen
im Sinne des Absatzes 1 gehört, auf das Land über, in
dessen Gebiet es belegen ist.
(4) Sofern ein überwiegendes Interesse des Bundes oder das
besondere Interesse eines Gebietes es erfordert, kann durch
Bundesgesetz eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende
Regelung getroffen werden.
(5) Im übrigen wird die Rechtsnachfolge und die Auseinandersetzung,
soweit sie nicht bis zum 1. Januar 1952 durch Vereinbarung
zwischen den beteiligten Ländern oder Körperschaften
oder Anstalten des öffentlichen Rechtes erfolgt,
durch Bundesgesetz geregelt, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf.
(6) Beteiligungen des ehemaligen Landes Preußen an Unternehmen
des privaten Rechtes gehen auf den Bund über. Das
Nähere regelt ein Bundesgesetz, das auch Abweichendes
bestimmen kann.
(7) Soweit über Vermögen, das einem Lande oder einer Körperschaft
oder Anstalt des öffentlichen Rechtes nach den
Absätzen 1 bis 3 zufallen würde, von dem danach Berechtigten
durch ein Landesgesetz, auf Grund eines Landesgesetzes
oder in anderer Weise bei Inkrafttreten des Grundgesetzes
verfügt worden war, gilt der Vermögensübergang
als vor der Verfügung er folgt.
Artikel 135 a
[Alte Verbindlichkeiten]
(1) Durch die in Artikel 134 Abs. 4 und Artikel 135 Abs. 5 vorbehaltene
Gesetzgebung des Bundes kann auch bestimmt
werden, dass nicht oder nicht in voller Höhe zu erfüllen sind
1. Verbindlichkeiten des Reiches sowie Verbindlichkeiten
des ehemaligen Landes Preußen und sonstiger nicht
mehr bestehender Körperschaften und Anstalten des
öffentlichen Rechts,
2. Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer Körperschaften
und Anstalten des öffentlichen Rechts, welche
mit dem Übergang von Vermögenswerten nach Artikel
89, 90, 134 und 135 im Zusammenhang stehen, und
Verbindlichkeiten dieser Rechtsträger, die auf Maßnahmen
der in Nummer 1 bezeichneten Rechtsträger beruhen,
3. Verbindlichkeiten der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände),
die aus Maßnahmen entstanden sind,
welche diese Rechtsträger vor dem 1. August 1945 zur
Durchführung von Anordnungen der Besatzungsmächte
oder zur Beseitigung eines kriegsbedingten Notstandes
im Rahmen dem Reich obliegender oder vom Reich
übertragener Verwaltungsaufgaben getroffen haben.
(2) Absatz 1 findet entsprechende Anwendung auf Verbindlichkeiten
der Deutschen Demokratischen Republik oder
ihrer Rechtsträger sowie auf Verbindlichkeiten des Bundes
oder anderer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen
Rechts, die mit dem Übergang von Vermögenswerten
der Deutschen Demokratischen Republik auf Bund, Länder
und Gemeinden im Zusammenhang stehen, und auf Verbindlichkeiten,
die auf Maßnahmen der Deutschen Demokratischen
Republik oder ihrer Rechtsträger beruhen.
Artikel 136
[Erster Zusammentritt des Bundesrates]
(1) Der Bundesrat tritt erstmalig am Tage des ersten Zusammentrittes
des Bundestages zusammen.
(2) Bis zur Wahl des ersten Bundespräsidenten werden dessen
Befugnisse von dem Präsidenten des Bundesrates ausgeübt.
Das Recht der Auflösung des Bundestages steht ihm nicht
zu.
Artikel 137
[Wählbarkeit von öffentlich Bediensteten]
(1) Die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen
Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf
Zeit und Richtern im Bund, in den Ländern und den Gemeinden
kann gesetzlich beschränkt werden.
(2) Für die Wahl des ersten Bundestages, der ersten Bundesversammlung
und des ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik
gilt das vom Parlamentarischen Rat zu beschließende
Wahlgesetz.
(3) Die dem Bundesverfassungsgerichte gemäß Artikel 41 Abs. 2
zustehende Befugnis wird bis zu seiner Errichtung von dem
Deutschen Obergericht für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet
wahrgenommen, das nach Maßgabe seiner Verfahrensordnung
entscheidet.
Artikel 138
[Süddeutsches Notariat]
Änderungen der Einrichtungen des jetzt bestehenden Notariats
in den Ländern Baden, Bayern, Württemberg-Baden
und Württemberg-Hohenzollern bedürfen der Zustimmung
der Regierungen dieser Länder.
Artikel 139
[Fortgelten der Vorschriften über Entnazifizierung]
Die zur »Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus
und Militarismus« erlassenen Rechtsvorschriften
werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht
berührt.
Artikel 140
[Recht der Religionsgemeinschaften]
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141
der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil
dieses Grundgesetzes.
Artikel 141
[»Bremer Klausel«]
Artikel 7 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung in einem
Lande, in dem am 1. Januar 1949 eine andere landesrechtliche
Regelung bestand.
Artikel 142
[Vorbehalt zu Gunsten landesrechtlicher Grundrechte]
Ungeachtet der Vorschrift des Artikels 31 bleiben Bestimmungen
der Landesverfassungen auch insoweit in Kraft, als
sie in Übereinstimmung mit den Artikeln 1 bis 18 dieses
Grundgesetzes Grundrechte gewährleisten.
Artikel 142 a (aufgehoben)
Artikel 143
[Geltungsdauer von Abweichungen]
(1) Recht in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten
Gebiet kann längstens bis zum 31. Dezember 1992 von Bestimmungen
dieses Grundgesetzes abweichen, soweit und
solange infolge der unterschiedlichen Verhältnisse die völlige
Anpassung an die grundgesetzliche Ordnung noch
nicht erreicht werden kann. Abweichungen dürfen nicht
gegen Artikel 19 Abs. 2 verstoßen und müssen mit den in
Artikel 79 Abs. 3 genannten Grundsätzen vereinbar sein.
(2) Abweichungen von den Abschnitten II, VIII, VIII a, IX, X
und XI sind längstens bis zum 31. Dezember 1995 zulässig.
(3) Unabhängig von Absatz 1 und 2 haben Artikel 41 des Einigungsvertrags und Regelungen zu seiner Durchführung
auch insoweit Bestand, als sie vorsehen, dass Eingriffe in
das Eigentum auf dem in Artikel 3 dieses Vertrags genannten
Gebiet nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Artikel 143 a
[Ausschließliche Gesetzgebung bei Bundeseisenbahnen]
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über alle
Angelegenheiten, die sich aus der Umwandlung der in bundeseigener
Verwaltung geführten Bundeseisenbahnen in
Wirtschaftsunternehmen ergeben. Artikel 87 e Abs. 5 findet
entsprechende Anwendung. Beamte der Bundeseisenbahnen
können durch Gesetz unter Wahrung ihrer Rechtsstellung
und der Verantwortung des Dienstherrn einer
privat-rechtlich organisierten Eisenbahn des Bundes zur
Dienstleistung zugewiesen werden.
(2) Gesetze nach Absatz 1 führt der Bund aus.
(3) Die Erfüllung der Aufgaben im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs der bisherigen Bundeseisenbahnen ist
bis zum 31. Dezember 1995 Sache des Bundes. Dies gilt
auch für die entsprechenden Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung.
Das Nähere wird durch Bundesgesetz
geregelt, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Artikel 143 b
[Umwandlung der Deutschen Bundespost]
(1) Das Sondervermögen Deutsche Bundespost wird nach
Maßgabe eines Bundesgesetzes in Unternehmen privater
Rechtsform umgewandelt. Der Bund hat die ausschließliche
Gesetzgebung über alle sich hieraus ergeben den Angelegenheiten.
(2) Die vor der Umwandlung bestehenden ausschließlichen
Rechte des Bundes können durch Bundesgesetz für eine
Übergangszeit den aus der Deutschen Bundespost
POSTDIENST und der Deutschen Bundespost TE LEKOM
hervorgegangenen Unternehmen verliehen werden. Die
Kapitalmehrheit am Nachfolgeunternehmen der Deutschen
Bundespost POST DIENST darf der Bund frühestens fünf
Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes aufgehen. Dazu bedarf
es eines Bundesgesetzes mit Zustimmung des Bundesrates.
(3) Die bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten
werden unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwortung
des Dienstherrn bei den privaten Unternehmen
beschäftigt. Die Unternehmen üben Dienstherrenbefugnisse
aus. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
Artikel 143 c
[Kompensationsbeträge für den Wegfall der
Gemeinschaftsaufgaben]
(1) Den Ländern stehen ab dem 1. Januar 2007 bis zum
31. Dezember 2019 für den durch die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgaben
Ausbau und Neubau von Hochschulen
einschließlich Hochschulkliniken und Bildungsplanung
sowie für den durch die Abschaffung der Finanzhilfen zur
Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und
zur sozialen Wohnraumförderung bedingten Wegfall der
Finanzierungsanteile des Bundes jährlich Beträge aus dem
Haushalt des Bundes zu. Bis zum 31. Dezember 2013 werden
diese Beträge aus dem Durchschnitt der Finanzierungsanteile
des Bundes im Referenzzeitraum 2000 bis 2008 ermittelt.
(2) Die Beträge nach Absatz 1 werden auf die Länder bis
zum 31. Dezember 2013 wie folgt verteilt:
1. als jährliche Festbeträge, deren Höhe sich nach dem
Durchschnittsanteil eines jeden Landes im Zeitraum
2000 bis 2003 errechnet;
2. jeweils zweckgebunden an den Aufgabenbereich der
bisherigen Mischfinanzierungen.
(3) Bund und Länder überprüfen bis Ende 2013, in welcher
Höhe die den Ländern nach Absatz 1 zugewiesenen Finanzierungsmittel
zur Aufgabenerfüllung der Länder noch angemessen
und erforderlich sind. Ab dem 1. Januar 2014
entfällt die nach Absatz 2 Nr. 2 vorgesehene Zweckbindung
der nach Absatz 1 zugewiesenen Finanzierungsmittel; die
investive Zweckbindung des Mittelvolumens bleibt bestehen.
Die Vereinbarungen aus dem Solidarpakt II bleiben
unberührt.
(4) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf.
Artikel 143 d
[Übergangsvorschriften im Rahmen der
Konsolidierungshilfen]
(1) Artikel 109 und 115 in der bis zum 31. Juli 2009 geltenden
Fassung sind letztmals auf das Haushaltsjahr 2010 anzuwenden.
Artikel 109 und 115 in der ab dem 1. August 2009
geltenden Fassung sind erstmals für das Haushaltsjahr 2011
anzuwenden; am 31. Dezember 2010 bestehende Kreditermächtigungen
für bereits eingerichtete Sondervermögen
bleiben unberührt. Die Länder dürfen im Zeitraum vom
1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2019 nach Maßgabe
der geltenden landesrechtlichen Regelungen von den Vorgaben
des Artikels 109 Absatz 3 abweichen. Die Haushalte
der Länder sind so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr
2020 die Vorgabe aus Artikel 109 Absatz 3 Satz 5 erfüllt
wird. Der Bund kann im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis
zum 31. Dezember 2015 von der Vorgabe des Artikels 115
Absatz 2 Satz 2 abweichen. Mit dem Abbau des bestehenden Defizits soll im Haushaltsjahr 2011 begonnen werden.
Die jährlichen Haushalte sind so aufzustellen, dass im
Haushaltsjahr 2016 die Vorgabe aus Artikel 115 Absatz 2
Satz 2 erfüllt wird; das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(2) Als Hilfe zur Einhaltung der Vorgaben des Artikels 109 Absatz
3 ab dem 1. Januar 2020 können den Ländern Berlin,
Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein
für den Zeitraum 2011 bis 2019 Konsolidierungshilfen aus
dem Haushalt des Bundes in Höhe von insgesamt 800 Millionen
Euro jährlich gewährt werden. Davon entfallen auf
Bremen 300 Millionen Euro, auf das Saarland 260 Millionen
Euro und auf Berlin, Sachsen-Anhalt und Schleswig-
Holstein jeweils 80 Millionen Euro. Die Hilfen werden auf
der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung nach Maßgabe
eines Bundesgesetzes mit Zustimmung des Bundesrates
geleistet. Die Gewährung der Hilfen setzt einen vollständigen
Abbau der Finanzierungsdefizite bis zum Jahresende
2020 voraus. Das Nähere, insbesondere die jährlichen Abbauschritte
der Finanzierungsdefizite, die Überwachung
des Abbaus der Finanzierungsdefizite durch den Stabilitätsrat
sowie die Konsequenzen im Falle der Nichteinhaltung
der Abbauschritte, wird durch Bundesgesetz mit Zustimmung
des Bundesrates und durch Verwaltungsvereinbarung
geregelt. Die gleichzeitige Gewährung der Konsolidierungshilfen
und Sanierungshilfen auf Grund einer extremen
Haushaltsnotlage ist ausgeschlossen.
(3) Die sich aus der Gewährung der Konsolidierungshilfen ergebende
Finanzierungslast wird hälftig von Bund und Ländern,
von letzteren aus ihrem Umsatzsteueranteil, getragen.
Das Nähere wird durch Bundesgesetz mit Zustimmung des
Bundesrates geregelt.
Artikel 144
[Annahme des Grundgesetzes – Berlin]
(1) Dieses Grundgesetz bedarf der Annahme durch die Volksvertretungen
in zwei Dritteln der deutschen Länder, in
denen es zunächst gelten soll.
(2) Soweit die Anwendung dieses Grundgesetzes in einem der
in Artikel 23 aufgeführten Länder oder in einem Teile eines
dieser Länder Beschränkungen unterliegt, hat das Land
oder der Teil des Landes das Recht, gemäß Artikel 38 Vertreter
in den Bundestag und gemäß Artikel 50 Vertreter in
den Bundesrat zu entsenden.
Artikel 145
[Inkrafttreten des Grundgesetzes]
(1) Der Parlamentarische Rat stellt in öffentlicher Sitzung unter
Mitwirkung der Abgeordneten Groß-Berlins die Annahme
dieses Grundgesetzes fest, fertigt es aus und verkündet es.
(2) Dieses Grundgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Verkündung
in Kraft.
(3) Es ist im Bundesgesetzblatte zu veröffentlichen.
Artikel 146
[Geltungsdauer des Grundgesetzes]
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und
Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt,
verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung
in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier
Entscheidung beschlossen worden ist.
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171.394 Byte hinzugefügt ,
20:13, 24. Jun. 2010