Nutzen-Kosten-Verhältnis: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 15. Oktober 2006, 09:38 Uhr
Grundsätzliches
Im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung ist die Wirtschaftlichkeitsberechnung, die sich im Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) ausdrückt, das Hauptkriterium für oder gegen den Bau eines Straßenbauprojektes wie der geplanten Autobahn A 39.
Dabei werden die geschätzten Baukosten den vermuteten gesamtwirtschaftlichen Nutzen gegenüber gestellt. Maßnahmen, bei denen die berechneten Nutzen die Kosten deutlich übersteigen, d.h. ein hohes Nutzen-Kosten-Verhältnis besitzen, erscheinen wirtschaftlich sinnvoll und damit bauwürdig.
Um die begrenzten Mittel für den Bau von Autobahnen möglichst effektiv einzusetzen, wurden die Projekte überwiegend aufgrund ihres jeweiligen Nutzen-Kosten-Verhältnisses (NKV) in eine der drei Kategorien
- Vordringlicher Bedarf
- Weiterer Bedarf
- Kein Bedarf
eingeteilt.
Nur Projekte des vordringlichen Bedarfs, d.h. mit einem NKV > 3 haben in Zeiten knapper Kassen eine Chance auf Realisierung innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes.
Das Berechnungsmodell zur Bestimmung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses wird allerdings sehr kontrovers diskutiert, da die berücksichtigten Kategorien von Nutzen (Transportkostensenkung, Kosten der Wegeerhaltung, Beiträge zur Sicherheit, Verbesserung der Erreichbarkeit, regionale Effekte, Umwelteffekte, Hinterlandanbindung, induzierter Verkehr) kaum objektiv erfassbar und damit gegeneinander aufzuwiegen sind.
So wird bei der Berechnung des "Erreichbarkeitsvorteils" jede angenommene Stunde, die ein Verkehrsteilnehmer durch eine neue oder ausgebaute Straße einspart, als eine Kostensenkung von 3,83 EURO gerechnet. Wenn z.B. 50.000 Pkw pro Tag jeweils 20 Minuten einsparen, ergibt das theoretisch einen jährlichen Nutzen von 23,3 Millionen EURO ohne Berücksichtigung, ob die Verkehrsteilnehmer Geschäftsreisende, Transport-LKWs oder Freizeit- und Urlaubsfahrer sind.
Alles in allem haben die Wirtschaftstheoretiker eine fragwürdige Feinarbeit geleistet, so findet sich im Berechnungsmodell auch das erleichterte Überqueren von Durchgangsstraßen für Fußgänger, errechnet mit Hilfe des "Stundenlohns" von EURO 5,47. [1]
Nutzen-Kosten-Verhältnis der A 39
Die beiden geplanten Bauabschnitte Uelzen-Wolfsburg und Lüneburg-Uelzen werden im Bundesverkehrswegeplan vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im vordringlichen Bedarf gelistet und mit Investitionskosten von 437 Millionen Euro angegeben. [2]
Diesen Kosten sollte bei einem NKV = 3,4 ein Nutzen von ca. 1,5 Milliarden Euro gegenüberstehen.
Allerdings muss über das NKV der A 39 spekuliert werden, da dieses nicht spezifiert für die A 39, sondern nur "im Paket H-Spange", also mit der A 14 und der beide Autobahnen verbindenden Querspange mit 3,4 ausgewiesen wurde. [3]
Das Ministerium für Bau Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt hat die NKV "anteilig" offengelegt (A 14 = 4,6 und B 190n = 3,3) [4], das NKV der A 39 muss demnach deutlich kleiner ausfallen.
Die Aktion Lebensberg ermittelt in einer nachvollziehbaren Modellrechnung das Nutzen-Kosten-Verhältnis der A 39 mit lediglich 1,87. [5]
Da bei einer Einzelbetrachtung die A 39 mit diesem NKV aus dem vordringlichen Bedarf entfiele, drängt sich der Verdacht auf, dass hier "kreativ" schöngerechnet wurde.
Kann das eigentlich chancenlose Projekt A 39 nur im Windschatten der A 14 bestehen?
Nur durch ehrliche Zahlen kann die Planungsbehörde diesbezüglich in die Offensive gehen, doch kann die Mathematik ihr hierbei nicht mehr helfen.
Der letzte Stand: hoffnungsvoll
Neue Rechnung für die A 39
Nutzen-Kosten-Faktor wird ermittelt
red Lüneburg. Das Land Niedersachsen wird das Nutzen-Kosten-Verhältnis für die geplante A 39 - von Autobahn-Gegnern immer wieder gefordert - neu berechnen. Dies soll nach dem Ende des Raumordnungsverfahrens passieren, das vermutlich noch bis Frühjahr 2007 dauert.
Das geht aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hervor.
Bisher gibt es nur einen Nutzen-Kosten-Faktor für das Gesamtprojekt: A 39 von Lüneburg nach Wolfsburg und A 14 von Schwerin nach Magdeburg mit einer ausgebauten Bundesstraße als Querspange. Der Faktor liegt bei 3,4. Das bedeutet, der volkswirtschaftliche Nutzen wird als 3,4mal höher eingeschätzt als die Kosten und negativen Folgen des Autobahnbaus.
Mit dem Ende des Raumordnungsverfahrens wird für März 2007 gerechnet, so der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Achim Großmann, in seiner Antwort. Das Verfahren sagt im Ergebnis, ob die Autobahn machbar ist und welche Auswirkungen sie auf die Umwelt hat. Noch im nächsten Jahr sei mit der endgültigen Linienbestimmung durch das Verkehrsministerium zu rechnen.
Staatssekretär Großmann schätzt zurzeit, dass die A 39 rund 437 Millionen Euro kosten wird. Für den ersten Bauabschnitt von Uelzen bis Lüneburg wird mit Kosten von 200 Millionen Euro gerechnet. [LZ vom 06.10.2006]
Bezug: Kleine Anfrage betreffend Bedarf und Planungsstand der Bundesautobahn 39 mit Antwort der Bundesregierung vom 22.9.2006 (PDF, 5 Seiten) |