Zuletzt geändert am 10. April 2010 um 09:01

Sport in Irland

Eine Welt für sich

Vielen Kontinental-Europäern ist die Sportwelt Großbritanniens fremd. Dabei sind Cricket und Rugby weltumspannende Sportarten, verglichen mit dem, was eine Insel weiter westlich gespielt wird. Anlässlich des deutschen EM-Qualifikationsspiels auf der Grünen Insel haben wir uns die bizarre Sportwelt Irlands näher angesehen.

Irland galt traditionell als Armenhaus Europas. Schwere Hungersnöte im 19. Jahrhundert führten zu Auswanderungswellen in die USA. Seit der Großteil der Insel sich Anfang des 20. Jahrhunderts von Großbritannien abspaltete, galten die mehrheitlich katholischen Iren in England als rückständige und unzivilisierte Provinzbewohner.

Heute ist die Republik Irland eines der reichsten Länder der Welt und das reichste der EU. Dieser spektakuläre Boom hat aber nicht dazu geführt, dass irische Fußballclubs nun mit großen Investitionen in die Champions League drängen. Die irische Liga ist erst seit wenigen Jahren überhaupt eine echte Profiliga, keiner der Clubs hat echte Chancen, sich international zu behaupten.

Der Plan mit Wimbledon

In den 1990er Jahren planten clevere Investoren, den Londoner Premier League-Club Wimbledon nach Dublin zu transferieren, um den irischen Markt für die Premier League zu erschließen. Das scheiterte damals am Veto der FIFA. So spielen weiterhin nahezu alle guten irischen Fußballer in England oder Schottland.

Auf der Grünen Insel selbst sieht es gar nicht so gut aus um den Fußball. Das Rugby-Stadion an der Lansdowne Road, in dem die irische Nationalelf ihre Heimspiele traditionell austrug, ist gerade abgerissen worden. Pläne für ein brandneues reines Fußballstadion erwiesen sich als schlecht durchdacht und wurden inzwischen zu den Akten gelegt.

Das Spiel gegen Deutschland findet nun im Croke Park statt. Diese eindrucksvolle Spielstätte fasst über 80.000 Zuschauer. Sie war aber traditionell immer zwei ganz anderen Sportarten vorbehalten als Fußball - dem Gälischen Fußball und dem Hurling.

Gälische Giganten

Zwei Spiele, die im Rest der Welt nahezu unbekannt sind, stehen in Irland auf Platz eins und zwei der nationalen Beliebtheitsskala. Der Gälische Fußball ist eine Mischung aus Fußball, Rugby und Australian Rules Football. Das schnelle und rasante Spiel wird auf einem großen Rasenplatz ausgetragen, es gibt Tore, die entfernt an Fußballtore erinnern, dazu aber hohe Stangen an den Seiten aufweisen, die dem Rugby entlehnt zu sein scheinen.

Das entfernt an einen Volleyball erinnernde Spielgerät darf getreten, geboxt und getragen werden. Von der Zweikampfhärte her rangiert Gälischer Fußball irgendwo in der Mitte zwischen Fußball und Rugby.

Komplexe Sonderregeln haben eigenwillige Techniken hervorgebracht. So darf der Ball weder zu lange getragen, noch aufgeprellt, noch von einer Hand in die andere genommen werden. Daher werfen sich gute Spieler den Ball im vollen Lauf auf den eigenen Fuß, kicken ihn hoch und nehmen ihn wieder auf.

All Ireland Final

Tore werden entweder durch einen Schuss ins Netz erzielt, wobei ein Torhüter überwunden werden muss (drei Punkte) oder durch einen Schuss über die Querlatte zwischen die Torstangen (ein Punkt).

Das jährlich ausgetragene All Ireland Final Ende September wird vor regelmäßig vollem Haus zwischen den besten beiden County-Mannschaften des Landes gespielt. Das schließt sowohl Teams aus Nordirland mit ein wie auch zwei Teams aus London und New York, die mit ausgewanderten Iren an den Wettbewerben teilnehmen.

Noch rasanter als Gaelic Football ist Hurling, der angeblich schnellste Mannschaftssport der Welt. Gespielt wird es auf den gleichen Spielfeldern wie der Gälische Fußball. Hier aber wird der kleine Ball, der eher an einen Baseball erinnert, mit krummen Holzstöcken durch die Gegend befördert.

Irlands Nationalelf hat keinen Gegner

Die Ähnlichkeiten des vor allem in Südirland populären Hurling mit Feldhockey sind auffallend, nur dass der Ball beim Hurling selten auf dem Boden gehalten, sondern kreuz und quer durch die Luft geschleudert wird. Kein Wunder, dass die meisten Spieler einen Schutzhelm tragen - Pflicht ist dieser allerdings nicht! Es gibt auch eine irische Nationalmannschaft - aber keine andere, womit diese Institution nicht allzu viel Sinn ergibt...

Sowohl Hurling als auch Gaelic Football werden als strikte Amateursportarten betrieben. Der Profisport scheint in Irland nicht allzu viel Zukunft zu haben. Was nicht heißt, dass die Fans ihrer Elf im Qualifikationsspiel gegen Deutschland nicht fanatisch zujubeln werden. Die wahre Liebe vieler Iren aber gilt Sportarten, bei denen sie unter sich bleiben.

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