Seit dem ersten Kohlenstoffstahl aus dem Jahre 1894 haben die Schneidstoffe eine rasante Entwicklung hinter sich, die vor allem seit 1970 mit der Einführung beschichteter Hartmetalle zu einem sprunghaften Anstieg der Schnittgeschwindigkeiten und Vorschübe geführt hat. Die hier aufgeführten Werte beziehen sich immer auf die Bearbeitung von Stahl unter günstigen Bedingungen.
 
Während die Schnittgeschwindigkeiten 1894 noch bei etwa 5 m/min lag, konnte sie mit dem 1900 von der Bethlehem Steel Corporation auf der EMO in Paris vorgestellten Schnellarbeitsstahl mehr als verdoppelt werden. Eine weitere deutliche Anhebung geschah 1913 durch verbesserte Schnellarbeitsstähle auf 30 m/min und 1914 mit gegossenen Hartlegierungen auf 40 m/min.
Eine Revolution waren die 1926 eingeführten und 1931 mit Wolframcarbid gesinterten Hartmetalle, die Geschwindigkeiten von etwa 200 m/min zuließen.
 
Eine weitere Verdopplung erfolgte schließlich 1955 mit hochtitancarbidhaltigen Hartmetallen. 1958 schließlich tauchten die ersten Keramiken als Schneidstoff auf dem breiten Markt auf und ermöglichten ein Anheben der Geschwindigkeit auf 500 m/min.
 
Auch synthetischer Diamant wurde zu dieser Zeit erstmals industriell als Schneidstoff eingesetzt. Mit superharten Schneidstoffen auf Bornitridbasis konnte 1965 nun auch gehärteter Stahl wirtschaftlich bearbeitet werden.
 
Beschichtete Hartmetalle auf Titancarbidbasis erhöhten 1970 die Standzeit der Werkzeuge beträchtlich, doch kurz darauf, 1975, kamen schon mehrfach beschichtete Hartmetalle auf den Markt.
 
Dem großen Nachteil der Schneidkeramik, der Sprödheit, konnte 1978 mit verbesserten Schneidkeramiken beziehungsweise Siliziumnitrid entgegengewirkt werden. Ebenfalls für gehärtete Stähle und schwerste Zerspanarbeit wurden 1979 superharte Verbund- und Mischschneidstoffe entwickelt.
 
Der letzte große Meilenstein war die Entwicklung von so genannten Feinstkornhartmetallen, die einige Vorteile gegenüber gewöhnlichen Hartmetallen besitzen, wie hohe Zähigkeit bei gleichzeitiger hoher Härte.
Schneidstoffe sind Belastungen wie schlagartigen Schnittkräften, hohen Temperaturen und Temperaturschwankungen sowie Reibung und Verschleiß ausgesetzt.
 
An den Werkzeugschneiden von Werkzeugmaschinen wird fast die gesamte eingebrachte Antriebsleistung in Reibungswärme umgesetzt, nur ein vernachlässigbar kleiner Teil wird in die Verfestigung der Werkstückoberfläche umgesetzt. Deshalb muss für eine gute Abfuhr dieser Wärme gesorgt werden.
 
Der Großteil von ihr, wird mit dem Span abgeführt, ein kleiner Teil verbleibt im Werkstück oder gelangt in das Werkzeug und muss durch Kühlung mit einem Kühlschmiermittel oder durch Ableiten der Energie durch das Werkzeug selbst auf einem zulässigen Temperaturniveau gehalten werden.
Da die Schnittgeschwindigkeit für die Wärmeentwicklung den entscheidenden Faktor darstellt, hat der Wunsch der Industrie nach immer weiteren Steigerungen, die bisher bekannten Schneidstoffe an ihre Leistungsgrenzen gebracht.
 
Nur mit neuen Bearbeitungsstrategien können noch wesentliche Steigerungen erzielt werden, wie es beispielsweise durch das wärmeinduzierte Zerspanen geschieht.
 
Eine weitere Möglichkeit das Zeitspanvolumen und auch die Oberflächengüte zu erhöhen, wird mit Werkstückwerkstoffen umgesetzt, die auf Spanbarkeit optimiert wurden, wie Automatenstähle oder bleihaltige Aluminiumlegierungen.
Schnellarbeitsstähle (HSS: High Speed Steel) sind ledeburitische (feinkörniges Gefüge aus Perlit und Zementhitkristallen), hochlegierte Werkzeugstähle.
 
Er wird hauptsächlich bei Werkzeugen verwendet, die hohe Zähigkeit, große Spanwinkel, kleine Keilwinkel, hohe Schneidenfestigkeit und eine scharfe Schneide aufweisen müssen, die geringste mögliche Schnittgeschwindigkeit aber unwesentlich ist.
 
Die Härte und der hohe Verschleißwiderstand ergeben sich aus dem martensitischen Grundgefüge (sehr feines und sehr hartes Gefüge) und aus eingelagerten Karbiden (Kohlenstoffverbindungen): W-, W-, Mo-, Cr- und V-Karbide. Die Eigenschaften von HSS werden in erster Linie von den Legierungselementen W und Mo bestimmt. Die W- und Mo-Gehalte werden daher zur Klassifizierung von HSS in vier Gruppen genutzt. Sie werden mit S für Schnellarbeitsstahl und den Prozentangaben der Legierungselemente W-Mo-V-Co bezeichnet (z. B. S 10-4-3-10).
*C: Bis 2,2% entscheidet die Härte in der Grundmasse und ist zur Karbidbildung erforderlich
HSS wird schmelzmetallurgisch hergestellt. Die Härtetemperaturen (1180-1280°C je nach Legierung) und die Tauchzeiten werden so gewählt, dass ein möglichst großer Teil der Karbide in Lösung geht, so dass keine Grobkörnigkeit entsteht. Der verbleibende Austenitanteil kann durch mehrmaliges Anlassen (540-580°C) verringert werden. Dem damit verbundenen Härteabfall durch Zerfall von Martensit wirkt die Ausscheidung von Karbiden entgegen. Der Härteabfall ist jedoch mit einer Zunahme der Zähigkeit verbunden.
 
Bei der schmelzmetallurgischen Herstellung neigt das HSS während der Erstarrungsphase zu Seigerungen (Entmischung in der Schmelze), die sich nachteilig auf das Verschleißverhalten auswirken können.
 
Um diese Nachteile zu umgehen, werden das Elektroschlackumschmelzverfahren (ESU) und die pulvermetallurgische Herstellung (PM) eingesetzt. Beide Verfahren führen zu einer gleichmäßigeren Gefügeausbildung und zu feinerem Korn.
PM-Stähle:
Höhere Standzeiten und Schnittgeschwindigkeiten lassen sich mit HSS-Werkzeugen durch Beschichten mit Titannitrid (TiN) mit einer Schichtstärke von 2-7 m erreichen. Durch TiN wird die Reibung zwischen Werkzeug und Werkstoff herabgesetzt und somit der adhäsive Verschleiß sowie auch die erforderliche Schnittleistung und Schnittkraft um 10-20% verringert.
 
PVC-Verfahren:
*(physikal vapor deposition – Vakuum Aufdampfen) Geringe Prozesstemperaturen 450-550°C, wobei kaum Anlasseffekt auftreten.
*Prozessdauer 24h
*Schichtdicke
 
Reaktives Ionenplatieren:
*Stickstoff dient als Reaktionsgas, wobei Titan verdampft wird
 
Kathodenzerstäubung:
*(CVD = chemical vapor deposition – Reaktives Sputtern)
Beschichtete Werkzeuge weisen erheblich längere Standzeiten auf. Selbst bei nachgeschliffenen Werkzeugen stellt sich noch ein deutlicher Effekt ein. Ursachen liegen in Stütz- und Schutzwirkungen als Folge von TiN – Verschleppungen. Beschichtet werden u.a Spiralbohrer, Fräser, Wälzfräser, Gewindebohrer, Reibahlen und Räumwerkzeuge.
 
In der industriellen Fertigung spielen sie inzwischen eine untergeordnete Rolle, jedoch werden sie in absehbarer Zeit in einigen Bearbeitungsfällen nicht durch andere Schneidstoffe zu ersetzen sein.
Hartmetalle sind zwei- oder mehrphasig, pulvermetallurgisch (sintern) hergestellte Schneidstoffe, die aus metallischen Hartstoffen [Wolfram- (-Phase], [Titan-, Tantal- und Niobkarbid (-Phase)] oder Titankarbonnitrid und andere Titanmischkarbide) und einem Bindemittel, welches die Zähigkeit beeinflusst, [Kobalt (-Phase)] bestehen.
 
Die günstige Eigenschaftskombination von Härte und Zähigkeit hat zur Vorraussetzung, dass Wolframkarbide von Kobalt sehr gut benetzt werden, so das Kobalt größere Teile des Wolframkarbids lösen kann. Die gute Benetzbarkeit bewirkt, dass Hartmetall nie entlang der Bindemetall-Karbid-Grenzflächen bricht. Das Lösungsvermögen bewirkt hohe innere Bindekräfte und eine gute Kantenfestigkeit des Hartmetalls.
Durch Anfügen von Ziffern innerhalb jeder Zerspanungshauptgruppe werden Zähigkeit und Verschleißfestigkeit gekennzeichnet. Mit zunehmenden Ziffern steigt die Zähigkeit, während die Verschleißfestigkeit abnimmt.
Durch Beschichten des Schneidstoffes mit Substralmaterial (TiC, TiN, TiCN und Al2O3Al<sub>2</sub>O<sub>3</sub>) kann der begrenzende Dualismus, hohe Härte und Verschleißfestigkeit oder hohe Biegefestigkeit und Zähigkeit, zu wesentlichen Teilen überwunden werden. Dieses Prinzip der Funktionstrennung kombiniert verschleißfeste Schichten mit zähem Grundstoff. Wegen der großen Temperaturunterschiede, die in spanenden Werkzeugen auftreten, ist die Beherrschung der Temperaturrisse als Folge unterschiedlicher thermischer Ausdehnungskoeffizienten Vorraussetzung für haltbare, rissfreie Schichten. Bei etwa 1000°C werden unter Vakuum meist mehrlagige Hartstoffschichten (Substrahlmaterial) auf den Schneidstoff aufgebracht (2-10m).
*Titankarbid: Durch hohe Härte Minderung des abrasiven Verschleißes
*Titannitrid: Durch seine chemische Trägheit wirkt es Diffusions- und Oxidationsverschleiß entgegen. Durch seine geringe Klebeneigung senkt es den adhäsiven Verschleiß
Cermets sind hartmetallverwandte Schneidstoffe die jedoch ohne den Hartstoff Wolframkarbid auskommen und pulvermetallurgisch hergestellt werden.
 
Es sind Vielkomponentenmetalle und als Härtträger dienen Titankarbonnitrid mit Tantal, Niob uns Vanadium. Im Gegensatz zu Schneidkeramik, bindet Cermet eine metallische Bindephase zu Nickel und Kobalt auf.
Kubisch kristallines Bornitrid (CBN) ist nach Diamant der nächst härteste Schneidstoff, jedoch ist es im Gegensatz zum Diamanten chemisch beständiger gegenüber Eisen und anderen karbidbildenden Werkstoffen, sowie das es bis zu Temperaturen von 1400°C seine Stabilität beibehält.
 
Ebenso ist es für die Bearbeitung von gehärteten Stählen, Hartguss, Nickelbasislegierungen und aufgespritzten Hartstoffschichten aufgrund seiner Bornidschutzschicht (B2O3), die einer Oxidation bis 1300°C verhindert, geeignet.
====Monokristalline Diamanten====
Werden meist als Einkristalle eingesetzt und zwar dort wo Schneidkeile höchster Schärfe und geringster Schartigkeit erforderlich sind. Typische Anwendungsbereiche sind das Ultrapräzisionsspanen und das Glanzspanen von NE-Metallen wie Aluminium, Kupfer und ihrer Legierungen.
 
Zudem verfügt dieser Stoff über anisotropische Eigenschaften, d.h. seine physikalischen Eigenschaften (Härte, E-Modul, Wärmeleitfähigkeit u.a.) sind stark Richtungsabhängig. Aufgrund dessen wird er möglichst in seine harten, verschleißfesten Richtungen orientiert.
====Polykristalliner Diamant====
Kleine Diamantkörper lassen unter Synthesebedingungen von 6Gpa und 2000°C direkt aus Graphit durch Beigabe von Lösungsmitteln und Katalysatoren (Kobalt, Nickel, Silizium, Bor, Beryllium und Eisen) herstellen.
 
Je nach Synthesebedingungen besitzt Kobalt ein Lösungsvermögen für Kohlenstoff, jedoch nimmt die Löslichkeit von Kohlenstoff bei Erhöhung von Druck und Temperatur ab, wobei Diamant ausgeschieden wird.
 
Durch mehrmaliges Durchlaufen dieser Synthesebedingungen lassen sich aus dieser Diamantsynthese Körner im Bereich von 2-400μm erreichen, die nach Sortierung in einem weiteren Prozess, durch das Hochdruck – Flüssigphasensintern, zu einer polykristallinen Matrix verbunden werden können (PKD). In diesen zweiten Prozess werden Diamantenkörper auf ein kobaltreiches Hartmetallsubstrat aufgebracht, wobei eine kobaltreiche Zwischenschicht eine Haftbesserung garantiert.
 
Die Eigenschaften des PKD’s lassen sich über die Größe der eingesetzten Körnung und über Art und Menge der metallischen Phasen steuern. Korngrößen von 2 – 60μm werden im Endzustand erreicht, wobei die Körnung während des Sinterprozesses abnimmt.
PKD hat aufgrund seines kristallinen ungerichteten Haufwerks weitgehend isotropische Eigenschaften, ist allerdings durch seine Korngrenzen und metallischen Einschlüsse weniger hart und zäher als Monokristalle.
Innerhalb jeder Gruppe wiederum wird mit der Anwendungsgruppe nach der Härte bzw. der Zähigkeit des Schneidstoffes unterschieden. Eine Zahl zwischen 01 und 40 kennzeichnet die Anwendungsgruppe, wobei mit größer werdender Zahl die Härte abnimmt und die Zähigkeit zunimmt. Im Anschluss daran folgen noch zwei weitere Buchstaben, die angeben, welcher Werkstoff und mit welchem Zerspanverfahren die besten Ergebnisse erzielbar sind.
So steht beispielsweise das Kennzeichen HW-P20N-M für ein unbeschichtetes Hartmetall mit mittlerer Härte und Zähigkeit, geeignet für die Zerspanung von NE-Metallen durch das Verfahren Fräsen. Jedem Hersteller obliegt die Aufgabe, seine Schneidstoffe in eine Gruppe einzuteilen, doch wird dies in manchen Fällen nicht in vollem Umfang erbracht.
 
So vertreiben einige Hersteller ihre Werkzeuge unter geschützten Markenbezeichnungen oder ordnen sie nur einer Haupt- und Anwendungsgruppe zu, ohne einen Werkstoffkennbuchstaben und ein für den Schneidstoff geeignetes Zerspanverfahren anzugeben.
*2.http://www.techniker-forum.de
*3.Praxis der Zerspantechnik. Verfahren, Werkzeuge, Berechnungen, von Heinz Tschätsch, Vieweg Verlag, 6 Auflage Oktober 2002
*4.Zerspantechnik, von H. Victor; M. Müller; R. Opferkuch, Springer Verlag, 11 . Auflage 1982
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