Torque vectoring

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Antriebstechnik – Torque-Vectoring




Allgemein

Hinter dem Begriff Torque („Drehmoment“) – Vectoring („Übertragung“) - auch Active Yaw ("Aktives Gieren") genannt, steht eine neuartige Antriebstechnologie für Fahrzeuge mit Hinterachs- oder Allradantrieb. Grundprinzip ist die gezielte Verteilung von Antriebsmomenten, um Fahrdynamik und Fahrsicherheit zu verbessern. Mit Hilfe mechanischer und elektronischer Eingriffe wird ein stufenlos wirkendes Sperrdifferenzial realisiert. Dabei erkennen verschiedene Sensoren die Lage und Richtungsänderung des Fahrzeug, gleichermaßen wird der Kraftschluss der Räder überwacht und mit Hilfe der Ergebnisse das Drehmoment des Antriebs individuell auf die einzelnen Räder verteilt, um optimalen Grip der Reifen zu erreichen. Die Räder werden gezielt beschleunigt – deshalb spricht man bei diesem Prinzip von der Umkehrung des ESP, bei dem die einzelnen Räder abgebremst werden. 2008 werden die Marken Audi und BMW diese neuen Differenziale erstmals in Serienreife auf den Markt bringen: Die Ingolstädter mit dem A4- und A5-Quattro und die Münchner im Allrad-Coupé X6, dort als DPC „Dynamic Performance Control“.


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Dynamic-Performance-Control beim BMW X6 SUV-Coupé
Copyright 2008 Auto-Motor-Sport



Wirkungsweise

Der grundlegende Unterschied zum rein mechanischen Sperrdifferenzial heutiger Bauart ist das individuelle Umverteilen von Antriebsmomenten auf einzelne Räder - und zwar nicht nur auf das langsamere Rad, sondern nun auch auf das schnellere kurvenäußere Rad. (siehe Abb.)



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Sportdifferenzial im neuen A4 und A5 von Quattro
Copyright 2008 Auto-Motor-Sport


Durch die variable Momentenverteilung wird ein Giermoment um die Hochachse des Fahrzeugs erzeugt und so gezielt Einfluss auf das Eigenlenkverhalten genommen. Die Grundauslegung der Vortriebskraft liegt zu 40% auf der Vorder- und zu 60% auf der Hinterachse. Durch diese Verteilung auf alle vier Räder werden größere Seitenführungskräfte erzeugt. Verschiedene Sensoren erfassen Lenkwinkel, Querbeschleunigung, Gierwinkel und Fahrgeschwindigkeit. Das entsprechende Steuergerät ermittelt daraufhin die passende Verteilung der Radmomente. Beim Beschleunigen in eine Kurve werden Antriebskräfte auf das kurvenäußere Hinterrad verlagert und das Fahrzeug in die Kurve gedrückt. Das Fahrzeug folgt dem Winkel der Vorderräder und Untersteuern effektiv reduziert.


Technik

Das aktive Differenzial (hier Hinterachs-Differenzial) besteht aus herkömmlichem Kegelrad-Differenzial und pro Abtriebsseite aus Planetengetriebe, Lammellen-Kupplung und elektrischem Stellmotor. Der Stellmotor übernimmt das Aktivieren und Deaktivieren der Lamellenkupplung, diese ist wiederum zuständig für das Verbinden von Planetengetriebe und Abtriebswelle. Im normalen Fahrbetrieb ist die Kupplung offen und die Abtriebswellen werden wie gewohnt vom Kegelrad-Differenzial gleichmäßig über die Kardanwelle angetrieben. Die Planetengetriebe wirken als Überlagerungsstufe und drehen 10% schneller, als die Antriebswelle.
Bei Kurvenfahrt wird die Kupplung für die kurvenäußere Abtriebswelle betätigt und das Rad durch die Überlagerungsstufe beschleunigt, gleichzeitig wird das gegenüberliegende Rad abgebremmst, indem ihm Antriebskraft in gleichem Maße durch das Differenzial entzogen wird.


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Aktives Differenzial BMW x-Drive
Copyright 2008 Heise & ZF


Nicht nur im Lastbetrieb, sondern auch im Schubbetrieb bei getretener Kupplung werden die Radmomente umgeleitet und das Fahrzeug in die richtige Richtung eingelenkt.
Die Elektronik ist verantwortlich für präzise und agile Steuerung der Lamellenkupplung. Verarbeitet werden dabei Informationen aus den Motorsteuergeräten und den Sensoren für Lenkwinkel, Raddrehzahl, Querbeschleunigung und Gierrate. Letzteren beiden Sensoren sind in zweifacher Ausführung vorhanden, um so ein ständiges Vergleichen der Größen zu eröglichen. Dadurch wird eine enorm hohe Reaktionsgeschwindigkeit des Systems erreicht und es kann bei widersprüchlichen Auswertungen oder Abweichungen sofort in den Normalbetrieb gewechselt werden.



Vor- Nachteile

Vorteile:

  • verbessertes Fahrverhalten in kritischen Situationen, besonders auf rutschigen Untergründen
  • verbesserte Traktion
  • agilere und sichere Kurvenfahrt
  • variable und verzögerungsfreie Kräfteverteilung
  • Reaktionsgeschwindigkeiten von unter 0,1 Sekunden (schneller als ESP)
  • Wirkung auch im Schubbetrieb


Nachteile:

  • erhöhter Kraftstoffverbrauch gegenüber Zwei-Rad-Antrieb
  • höheres Fahrzeuggewicht
  • höherer Anschaffungspreis



Links & Version




--Schroedi 19:58, 25. Mär 2008 (CET)