Allgemeines
Kleben ist das Verbinden verschiedenartiger oder gleicher Werkstoffe durch Oberflächenhaftung mittels Klebstoffe. Klebverbindungen gehören zu der Gruppe der stoffschlüssigen Verbindungen. Hier findet man die Kurzerklärung zu Ausdrücken aus dem Bereich Kleben Klebeberatung--> Kleben von A-Z
Vorteile
- Verbinden gleicher und verschiedenartiger Werkstoffe möglich
- keine ungünstigen Werkstoffbeeinflussungen durch Ausglühen, Aushärten und Oxidieren
- keine bzw. geringe thermische Werkstoffbeanspruchung und damit geringer Wärmeverzug
- dichte, spaltfreie und isolierende Verbindung
- keine Oberflächenschädigung
- keine Kontaktkorrosion
- keine Querschnittsminderung der Bauteile durch Löcher wie bei Schrauben- oder Nietverbindungen -> daraus ergibt sich auch eine Gewichtsminderung
- kerbfreie Verbindungen der Bauteile
- gleichmäßige Kraft- und Spannungsverteilung
- schwingungsdämpfend
- optisch anspruchsvolle Konstruktion möglich
- Sandwichbauweise ermöglicht hohe Steifigkeit und Gewichtsersparnis (Leichtbau)
Nachteile
- meist aufwendige Oberflächenbehandlung der Fügeteile erforderlich
- z. T. lange Abbindzeiten bis zur Endfestigkeit der Verbindung
- vielfach Wärme zum Abbinden notwendig
- Kriechneigung bei Langzeitbeanspruchung
- geringe Schäl-, Warm- und Dauerferstigkeit
- empfindlich gegen Schlag- und Stoßbelastung
- zerstörungsfreies Prüfen der Verbindung vielfach nicht möglich
Frage 1: Welche Vor- und Nachteile haben mit Wärme/Temperatur zu tun? Antwort 1
Funktion
Klebeverbindungen beruhen auf Adhäsion (Anziehungskräfte an den Grenzflächen zweier Stoffe) zwischen dem Klebstoff und den zu verklebenden Werkstoffen und Kohäsion (Kräfte zwischen den Molekülen eines Stoffes) des Klebstoffes selber. Die Aufgabe des Klebstoffes ist es, in die Oberflächenrauhheit der Werkstoffe einzudringen und die zwischenmolekularen Kräfte (Adhäsion) zu aktivieren. Voraussetzung ist, dass der Klebstoff erst eine geringe Viskosität und Oberflächenspannung besitzt. Nach dem Abbinden muss er aber eine große Viskosität entwickeln, um eine hohe Kohäsion zu erreichen.
Frage 2: Welche Vorausetzung benötigt der Klebstoff, um die zwischenmolekularen Kräfte zu aktivieren?
Art der Klebstoffe
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Klebstoffarten zu unterscheiden z.B. nach Anwendungstechnik . Laut VDI-Richtlinie 2229 werden Klebstoffe aber nach der Art des Abbindens unterschieden:
physikalisch abbindende und chemisch abbindende Klebstoffe.
Physikalisch abbindende Klebstoffe
Es sind oftmals Lösungen von natürlichen oder synthetischen makromolekularen Grundstoffen in organischen Lösungsmitteln bzw. in Dispersionsmittel. Das "Kleben" entsteht durch physikalische Vorgänge z. B. Ablüften des Lösungsmittel vor dem Fügen, Erstarren der Klebstoffschmelze usw.
Teilweise beruhen sie auch auf bestimmten chemischen Reaktionen der Grundstoffe z.B. mit dem Luftsauerstoff. Diese Kleber sind geeignet zum Verbinden von Metallen mit porösen Werkstoffen wie Holz, Leder u.ä.
Gänzlich ungeeignet sind sie bei der Verbindung zweier Metalle, da der Ablüftvorgang dort stark beeinträchtigt bzw. nicht möglich ist (besonders bei großen Klebeflächen). Physikalisch abbindende Klebverbindungen sind thermoplastisch (unter Wärme verformbar) oftmals wärmeempfindlich. Sie haben unter Belastung eine stärkere Kriechneigung und ihre Lösungmittelbeständigkeit ist geringer als bei chemisch abbindenden Klebstoffen.
Man unterteilt physikalisch abbindende Klebstoffe in:
Kontaktklebstoffe: werden auf beide zu verklebenden Teile aufgetragen. Nach dem Ablüften des Lösungsmittels können die Teile unter hohem Druck miteinander verklebt werden. Dies geht aber nur innerhalb des Zeitraumes, in dem ein Kontaktkleben möglich ist (Kontaktklebezeit gemäß Herstellerangaben).
Schmelzklebstoffe:: werden geschmolzen aufgetragen (Schmelztemperatur zwischen 150°C und 190°C). Die zu verklebenden Teile müssen vor der Erstarrung des Klebers gefügt werden.
Plastisole: lösungsmittelfreie Klebstoffe, die bei einer Temperatur von 140°C bis 200°C abbinden.
Chemisch abbindende Klebstoffe
Auch Reaktionsklebstoffe genannt, sind Klebstoffe auf Kunstharzbasis, welche durch die Reaktion mit geeigneten Stoffen (Katalysator) hohe Haftfestigkeit und Klebewirkung erreichen. Wegen des Zusammenwirkens des Grundstoffes (Bindemittel) und des Härters (Katalysator) werden sie auch Zwei-Komponenten-Kleber genannt. Das Abbinden wird durch den Katalysator, Einwirken erhöhter Temperaturen, Luftfeuchtigkeit oder bei anaerob (lt. Duden: ohne Sauerstoff lebend) abbindenden Klebstoffen durch Entziehen des Sauerstoffs ausgelöst.
Der Abbindvorgang kann Tage dauern, so dass es sinnvoll sein kann einen Beschleuniger einzusetzen (dritte Komponente).
Da keine Ablüftung notwendig ist, sind Reaktionsklebstoffe besonders geeignet, undurchlässige Werkstoffe, wie z.B. Metall, Glas, Keramik, Kunststoff zu verbinden. Allgemein lassen sich aber Werkstoffe aller Art miteinander verkleben.
Bei chemisch abbindenden Klebstoffen unterscheidet man:
Polymerisationsklebstoffe (Ein- oder Zwei-Komponenten-Kleber): Durch den Katalysator wird die Polymerisation ausgelöst. Bei anaerob abbindenden Klebstoff bleibt die Klebewirkung aus, solange der Klebstoff mit Luftsauerstoff in Berührung kommt, der Katalysator im flüssigen Klebstoff ist dann inaktiv. Die Reaktionszeit ist von der Katalysatormenge oder Temperaturänderungen beeinflussbar.
Polyadditionsklebstoffe (Ein- oder Mehr-Komponenten-Kleber): Die Klebverbindung entsteht durch die Reaktion zweier chemisch unterschiedlichen, reaktionsfähigen Stoffe. Sie werden im stöchiometrischen Verhältnis miteinander vermischt.
Polykondensationsklebstoffe: reagieren unter Druck von <=4 N/mm² indem sich flüchtige Stoffe abspalten bei einer Abbindtemperatur von ca. 120°C bis 160°C .
Frage 3: Was ist der Unterschied zwischen physikalisch abbindenden und chemisch abbindenden Klebstoffen?
Haltbarkeit/Beständigkeit
Zeitstands- und Dauerfestigkeit
Bei konstanter Dauerlast neigt der Klebstoff zu plastischer Verformung (Kriechneigung). Dies ist abhängig von der Belastungshöhe, Temperatur, Eigenschaften der Fügeteile und den Zustand des ausgehärteten Klebstoffes. Bei Zeitstandsbelastungen kann bereits eine wesentlich geringe Belastung als im Kurzzeitversuch (statische Bruchlast) zum Bruch führen. Es besteht also ein Zusammenhang zwischen der Belastungshöhe und Lebensdauer (je höher die Belastung je geringer die Lebensdauer).
Genaue Angaben liegen über Dauerfestigkeit nicht vor. Deshalb ist es empfehlenswert, besonders bei Großserienfertigung, den Klebstoffhersteller in die spezielle Problemlösung einzubinden.
Korrosionsbeständigkeit
Die Beständigkeit gegenüber von Lösungsmitteln (z.B. Aceton, Benzin, Alkohol) und anderen Flüssigkeiten (z.B. Öl, Wasser, Laugen) ist bei den Reaktionsklebstoffen besser als bei den Lösungsmittelklebstoffen. Doch bei längeren Einwirkungen von Wasser kommt es bei einigen Klebstoffarten, besonders bei erhöhten Temperaturen zu Festigkeitsminderungen (Beeinträchtigung der Adhäsion und Kohäsion).
Alterungsbeständigkeit
Die Alterungsbeständigkeit ist abhängig
- von der Art des Klebstoffes,
- den zu verbindenden Werkstoffen,
- der Oberflächenvorbehandlung und
- ganz besonders von den Umwelteinflüssen
Warmfestigkeit
Die Festigkeit der Klebstoffe ist stark temperaturabhängig. Warmabbindende Klebstoffe haben ein günstigeres Verhalten als Kaltabbindende. Kurzzeitige Temperaturbeanspruchungen sind bei einigen Klebern unter Berücksichtigung der der Festigkeitsminderung möglich. Die zulässige Dauertemperatur liegt je nach Klebstoff zwischen +80°C und +150°C.
Frage 4: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Belastungshöhe und Belastungsdauer einer Klebverbindung?
Herstellen von Klebverbindungen
Hier können nur ein paar allgemein gültige Angaben gemacht werden. Es sind immer die Vorgaben des Herstellers zu beachten!
Vorbereitung der Klebflächen
Glatte Oberflächen müssen aufgerauht werden z.B. durch Sandstrahlen. Die Klebeflächen müssen außerdem von Schmutz, Oxidschichten, Rost oder von Fett befreit werden, damit die Adhäsion des Klebstoffs gleichmäßig zum Tragen kommt.
Klebvorgang
Bei Lösungsmittelklebstoffen wird der Kleber gleichmäßig auf die Klebflächen verteilt (nach Herstellerangaben!). Der größte Teil des Lösungsmittel verdunstet und der Grundstoff kann sich durch Adhäsion mit der Klebfläche verbinden (Abbinden). Die zu verklebenden Teile werden dann unter Druck zusammen gefügt und die Klebkraft wird durch die Kohäsion der Klebstoffteilchen herbeigeführt. Wichtig ist es, den richtigen Zeitpunkt der Kontaktklebzeit zu finden. Das vollständige Ablüften des Lösungsmittels und das Erreichen der gesamten Klebkraft dauert in der Regel 1 - 3 Tage.
Reaktionsklebstoffe werden auf die Klebflächen aufgetragen und können gleich miteinander verbunden werden. Die Reaktion der Klebstoffkomponenten setzt sofort nach dem Verbinden ein. Das Abbinden dauert je nach Klebstoff wenigen Minuten oder aber mehrere Tage. Lange Abbinddauer läßt sich durch Verwendung eines Beschleunigers verringern.
Frage 5: Welche Vorbereitungen müssen für eine Klebverbindung getroffen werden?
Dimensionierung
Auslegung/Gestaltung
Grundvorraussetzung ist eine klebgegerechte Konstruktion und die Wahl des richtigen Klebers (siehe z.B RM TB 4-2). Desweiteren gilt
- Überlappungsverbindungen bevorzugen
- kleine Klebeflächen vermeiden
- Schäl- und Biegebeanspruchung vermeiden
- nur auf Scher-, Druck- und Zugbeanspruchung belasten
Weitere Konstruktionshinweise finden sich im Konstruktionsatlas
Abmaße
Im Allgemeinen gilt: Je größer die Klebefläche desto größer die übertragbaren Kräfte.
Kräfte
Klebverbindungen sind vorzugsweise auf Druck/Zug oder Scherung zu belasten. Es sollten Biege- und Schälbelastungen vermieden werden!
Berechnung
Da viele Einflussfaktoren vom verwendeten Klebstoff abhängen (schwer erfassbar), sind Berechnungen nur Richtwerte. Darum ist es wichtig, sich an die Vorgaben des Herstellers zu halten!
Kräfte
Verweis: R/M Formeln 4-4 bzw. 4-5
F max : maximal übertragbare Kraft der Klebverbindung in N
AKl : Klebfugenfläche in mm 2
σ KB : statische Bindefestigkeit (Zugfestigkeit) in N/mm 2 Verweis: R/M - TB 4-2
τ KB : statische Bindefestigkeit (Zugscherfestigkeit) in N/mm 2 Verweis: R/M - TB 4-2
S: Sicherheit
b : Klebfugenbreite in mm
l ü : Überlappungslänge
t : kleinste Bauteildicke
Zugkraft:
Zugscherkraft:
Frage 6: Welche Vorgaben muss man bei der Gestaltung einer Klebverbindung beachten?
Übungsaufgabe
Aufgabe 1
Zwei Bauteile sollen so miteinander verklebt werden, dass sie eine Schubkraft (Zugscherkraft) von 500 N bei Zimmertemperatur (ca. 20°C) halten können. Zum Kleben wird Loctite 638 verwendet, außerdem hat der Konstrukteur eine dreifache Sicherheit bestimmt.
- Wie groß muss die Überlappungslänge lü sein, wenn die Klebefläche quadratisch ist?
Benutze zur Lösung die Roloff/Matek Formelsammlung und Tabellen.
Vorschlag:
Berechne diese Aufgabe alternativ als Lötverbindung und vergleiche die erforderliche Überlappungslänge.
Aufgabe 2
Bei einem Zugversuch am Prüfstab ergab sich eine Bruchlast Fm = 5,2 kN. Wie groß ist die Bindefestigkeit τKB des verwendeten Reaktionsklebstoffes?
Aufgabe 3
Zur Feststellung der Bindezugfestigkeit wurde der Prüfkörper zügig bis zur Bruchlast (Zerreißkraft) Fm=36,8 kN auf Zug beansprucht.
Welche Bindefestigkeit σKB der Klebverbindung ergab sich bei dem Versuch?
Sicherheit
Bei der Anwendung
Klebstoffe sind Chemikalien und können dem menschlichen Körper durch Verschlucken, Einatmen und Hautkontakt gesundheitlich beeinträchtigen. Personen, die mit Klebstoffen arbeiten, müssen über die richtige Handhabung informiert sein. Sicherheitsdatenblätter kann man bei jedem Klebstoff-Lieferanten anfordern.
Belastbarkeit
Man sollte Klebverbindungen nur auf Scher-, Zug- oder Druck belasten. Wie groß die auftretenden Kräfte sein dürfen, läßt sich berechnen. Dies sind aber nur Richtwerte!
Es ist oft ratsam, genaue Informationen über den passenden Klebstoff und die Belastbarkeit beim Klebstoffhersteller erfragen.
Frage 7: Was ist bei der Anwendung von Klebstoffen sicherheitstechnisch zu beachten?
Einsatzgebiet
Anwendungen
Klebstoffe bzw. Klebverbindungen sind fast überall vertreten, zwei interessante Einsatzgebiete sind die Medizin- und Elektrotechnik: neben der benötigten Klebkraft und Haltbarkeit spielen auch toxikologische Gesichtspunkte und Sterilisationsbeständigkeit bzw. elektrische Eigenschaften nach dem Aushärten eine wichtige Rolle.
Verwendung
Es gibt inzwischen viele Verwendungsmöglichkeiten in der Industrie, zum Beispiel:
- Schraubensicherung
- Gewinde- und Flächendichten
- Fügen von Welle- und Nabenverbindungen
- Verbinden von unterschiedlichen Werkstoffen
Frage 8: Welche Verwendungsmöglichkeiten gibt es bei Klebverbindungen?
Kosten
Bei gleichen Voraussetzungen und Belastungen kann man davon ausgehen, dass Klebverbindungen ein Drittel weniger Kosten als Schweiß- bzw Lötverbindungen verursachen. Es begründet so, dass für die Herstellung von Schweiß- und Lötverbindungen mehr Arbeitsgänge notwendig sind, bzw Ressourcen verbraucht werden (Strom, Material).
Normung
DIN-Normen
Auswahl:
DIN 8593 Fertigungsverfahren Fügen; Kleben; Einordnung, Unterteilung, Begriffe
DIN 16920 Klebstoffe; Klebstoffverarbeitung, Begriffe
DIN 53281 Teil 1-3 Prüfung von Metallklebstoffen und Metallklebungen
DIN EN 923 Klebstoffe - Benennungen und Definitionen
DIN EN ISO 9664 Klebstoffe - Verfahren zur Prüfung der Ermüdungseigenschaften von Strukturklebungen bei Zugscherbeanspruchung
VDI-Richtlinien
Auswahl:
VDI 2229 Metallkleben; Hinweise für Konstruktion und Fertigung
VDI 3821 Kunststoffkleben
Weblinks
Hersteller/Lieferanten
Sonstige
Quellen
Roloff/Matek: Maschinenelemente, Lehrbuch und Tabellenbuch, Vieweg Verlag, 17. Aufl. 2005, ISBN 3-528-17028-X
Roloff/Matek Maschinenelemente Formelsammlung, Vieweg Verlag, 7. Aufl. 2003. ISBN 3-528-64482-6,
Schal, Willy (Hrsg.):Fertigungstechnik 2, Handwerk + Technik GmbH, 9. Auflage, ISBN 3-582-02313-3
"Das Loctite - Handbuch" , 2.Auflage (nicht im freien Handel erhältlich)